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Trauer um einen großen Ägyptologen und Museumsmacher: Prof. Dr. Karl-Heinz Priese

31.01.2017
Neues Museum

Von 1988 bis 2000 war Prof. Dr. Karl-Heinz Priese Direktor des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin. Am 27. Januar 2017 ist er unerwartet im Alter von 81 Jahren verstorben.

Mit Beginn seines Wirkens am Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin (Ost) im Jahr 1978 richtete der habilitierte Ägyptologe und Sudan-Experte Prof. Dr. Karl-Heinz Priese sein Hauptaugenmerk auf die Bestandsrevision. Durch den Zweiten Weltkrieg hatte die Sammlung große Verluste erlitten, deren Ausmaß auch in den 1970ern noch nicht völlig erfasst war. Mit der Teilung Berlins war die Ägyptensammlung zudem auf zwei Standorte verlagert worden – die Museumsinsel im Osten und Charlottenburg im Westen. So machte erst der Fall der Berliner Mauer 1989 es möglich, eine Gesamtrevision des Bestandes durchzuführen, die bis zur Pensionierung von Karl-Heinz Priese weitgehend abgeschlossen werden konnte.

Neben diesen arbeits- und zeitintensiven Betätigungen versäumte es Karl-Heinz Priese nicht, das internationale Erscheinungsbild des Museums weiter zu gestalten. Die Ost-Berliner Sammlung war trotz mancher Schwierigkeiten, die zu DDR-Zeiten existierten, stets ein gefragter Partner für internationale Projekte und Ausstellungen. Entgegen aller Widrigkeiten pflegte Karl-Heinz Priese stets den fachlichen und persönlichen Austausch mit dem Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin in Charlottenburg und war ein großherziger Gastgeber für zahlreiche Fachkollegen aus dem Ausland. International hoch beachtet war auch die von Ingeborg Müller und ihm konzipierte erste große Sonderausstellung des Museums in Japan im Jahre 1988/89. Sie wurde in fünf japanischen Städten mit überwältigendem Erfolg gezeigt und von mehr als 500.000 Besuchern begeistert aufgenommen.

In die Amtszeit von Karl-Heinz Priese fiel auch der Umbau und die Wiedereröffnung der ständigen Ausstellung des Ägyptischen Museums im Bode-Museum im Jahre 1989. Diese fand in der Fachwelt und bei den Besuchern viel Anerkennung.  Auch nach der Zusammenführung der ehemals getrennten Sammlungsteile trug Karl-Heinz Priese an der von nun an existierenden „Doppelspitze“ mit seinem Amtskollegen Prof. Dr. Dietrich Wildung entscheidend zum Erfolg vieler Sonderausstellungen bei. Seine umfassende Kenntnis des gesamten Sammlungsbestandes legte den Grundstein für die Wiedereinrichtung des Neuen Museums, auch wenn dessen Eröffnung im Jahre 2009 erst einige Jahre nach seiner Dienstzeit erfolgte.

Während seiner gesamten Laufbahn war Karl-Heinz Priese dem antiken Sudan besonders verbunden. Bereits während seines Studiums und seiner Arbeit am Institut für Ägyptologie und Sudan-Archäologie hatte er sich als Experte zu diesem Kulturkreis einen Namen gemacht. Mit seiner maßgeblichen Publikation „Das Gold von Meroe“ (1992) legte er bedeutende Grundlagen für die Forschung. Seine herausragende Kennerschaft der Materie machte ihn zu einem vielgefragten und international geschätzten Diskussionspartner. Neben der Ägyptologie beschäftigte sich Priese intensiv mit mittelalterlichen Epitaphen aus der Region Berlin-Brandenburg. Durch seine akribische Arbeit setzte er Maßstäbe für die lokale Historienforschung.

Auch nach seinem aktiven Dienst blieb Karl-Heinz Priese dem Museum weiterhin aufs Engste verbunden. In den letzten Jahren half er insbesondere bei der Aufarbeitung von Archivalien zur Bereitstellung für die Digitalisierung der Museumsdatenbank. Von seiner schier unerschöpflichen Kenntnis der Sammlung und ihrer Objekte profitierten nicht nur die langjährigen Kolleginnen und Kollegen, sondern auch viele jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die seit seinem Ruhestand in der Sammlung arbeiteten bzw. arbeiten. Sie alle fanden in ihm einen stets ansprechbaren und hilfsbereiten Partner. An ein „Aufhören“ hatte er nie gedacht und sich auch für 2017 bereits Vieles vorgenommen.

Die Lücke, die der vollkommen unerwartete Tod von Karl-Heinz Priese innerhalb des Teams des Ägyptischen Museums und der Papyrussammlung hinterlässt, vermag niemand mehr zu schließen. Karl-Heinz Priese wird als der Direktor in die Annalen des Berliner Ägyptischen Museums eingehen, der den  Sammlungsbestand nach den Wirren und Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zusammengeführt, revidiert und geordnet hat. Er hat damit dem Ägyptischen Museum einen Großteil seiner Identität zurückgegeben.

Prof. Dr. Friederike Seyfried, Direktorin des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin