28.03.2022
Neue Nationalgalerie
Am 5. April 2022 übergibt die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz die von dem Schweizer Bildhauer Fritz Huf (1888-1970) geschaffene Bronzeplastik „Ruhende Frau“ an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG).
Restituiert worden war das Werk an die Erbin von Hans (Jean) Fürstenberg, der es aufgrund seiner Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus verloren hatte. Die Provenienz der Plastik „Ruhende Frau“ war im Rahmen der Erarbeitung des kürzlich erschienenen Bestandskatalogs „Die Sammlung der Nationalgalerie 1905 bis 1945“ von Mitarbeiter*innen des Zentralarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin intensiv recherchiert worden. Die Erbin – die französische Stiftung Fondation Fürstenberg-Beaumesnil – verkaufte die Skulptur an die SPSG. Langfristig soll die „Ruhende Frau“ im Park des Schlosses Schönhausen in Berlin-Pankow aufgestellt werden.
Die 1923 entstandene Plastik „Ruhende Frau“ gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zur Sammlung von Hans Fürstenberg, dem Schwager des Künstlers. Huf hatte den Kopf der Bronzeplastik seiner Frau Natalie Luise Aniela (gen. Natascha), der Schwester Fürstenbergs, nachempfunden. Ein bebilderter Bericht in der Zeitschrift „Der Cicerone“ zeigt das Kunstwerk 1924 im Garten von Fürstenbergs Haus im Berliner Tiergartenviertel. Dort befand es sich bis mindestens 1932, wie weitere Fotos belegen. Nach der Flucht Fürstenbergs und dem erzwungenen Verkauf seines Hauses verliert sich die Spur der Plastik. Erst 1948 wurde sie im Schrottlager der tschechoslowakischen Militärmission im Berliner Osthafen aufgefunden und der Nationalgalerie durch den Magistrat von Berlin übergeben.
Aufgrund der Provenienzlücke zwischen 1932 und 1948 nahm die SPK Kontakt mit der Erbenvertreterin auf. Gemeinsam ließ sich feststellen, dass Hans Fürstenberg die im Bestand der Neuen Nationalgalerie identifizierte Skulptur mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zuge des verfolgungsbedingten Verkaufs seines Hauses im Jahr 1938 verloren hatte. Die SPK hat daher als Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien die Skulptur an die Fondation Fürstenberg-Beaumesnil restituiert.
Von 1951 bis 1990 befand sich die Figur als Leihgabe der Nationalgalerie im Park des Schlosses Schönhausen in Pankow. Das Schloss gehört nach seiner Nutzung als Amtssitz des Präsidenten und später als Gästehaus der DDR seit 2005 zur SPSG. Große Teile des Schlossgartens wurden im Sinne des von Reinhold Lingner entworfenen Präsidentengartens der 1950er Jahre bereits wiederhergestellt.
Hans Fürstenberg wurde 1890 in Berlin als Sohn des Bankiers Carl Fürstenberg geboren. Als Jude im Sinne der Nürnberger Rassengesetze von 1935 wurde er durch die Nationalsozialisten verfolgt. Er musste zum 31. Dezember 1936 seine Geschäftsinhaberschaft der Berliner Handels-Gesellschaft aufgeben und floh anschließend nach Frankreich. Im September 1938 verkaufte er seine Villa in der Admiral-von-Schröder-Straße, heute Köbisstraße, an das Deutsche Reich. Er konnte seine wertvolle Bibliothek ins Exil mitnehmen und so zunächst vor dem Zugriff der Nationalsozialisten retten. In Frankreich lebten Hans und seine Frau Eugénie Fürstenberg in Paris und dem Schloss Beaumesnil in der Normandie. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs 1940 mussten sie erneut fliehen. Schloss und Pariser Wohnung wurden 1940 durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg beschlagnahmt und die Bücher seiner Bibliothek verschleppt. Nach dem Krieg kehrte das Ehepaar Fürstenberg nach Beaumesnil zurück. Hans und Eugenie starben im Jahr 1982 kinderlos im Abstand von wenigen Monaten. Schon 1964 hatten sie die Fondation Fürstenberg-Beaumesnil gegründet, die heute Schloss Beaumesnil und den zugehörigen Schlosspark verwaltet und der Öffentlichkeit zugänglich macht.