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Provenienzen der Galerie des 20. Jahrhunderts erforscht: Vorstellung der Projektergebnisse

07.07.2014
Zentralarchiv

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Land Berlin haben heute die Ergebnisse ihres gemeinsamen Provenienzforschungsprojektes zum Bestand der ehemaligen Galerie des 20. Jahrhunderts vorgestellt. In den vergangenen drei Jahren haben zwei Wissenschaftlerinnen rund 450 bis 1945 entstandene Kunstwerke systematisch daraufhin untersucht, ob sie in der NS-Zeit verfolgungsbedingt entzogen wurden. Für den größten Teil der Werke kann dies ausgeschlossen werden. Bei dem Projekt handelte es sich um eines der bisher umfangreichsten systematischen Provenienzforschungsprojekte in Deutschland zu den Erwerbungen der Nachkriegszeit. Das Land Berlin und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz haben es gemeinsam aus eigenen Mitteln finanziert.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagt: "Schon seit den neunziger Jahren ist es erklärtes Ziel der SPK, ihre Bestände auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut zu untersuchen. Wir möchten keine Objekte in unseren Sammlungen behalten, die nicht rechtmäßig dorthin gelangt sind. Ich bin dem Land Berlin dankbar für die gute Zusammenarbeit und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Bestand der Galerie des 20. Jahrhunderts. Selbstverständlich freue ich mich auch, dass diese bedeutenden Werke größtenteils keine problematischen Provenienzen haben und damit auch in Zukunft in der Nationalgalerie und dem Kupferstichkabinett für die Öffentlichkeit sichtbar bleiben."

Tim Renner, Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin, sagt: "Das Projekt Galerie des 20. Jahrhunderts markiert eine wichtige Etappe der Berliner Provenienzforschung. Damit wurde der Bereich der klassischen Moderne in Landeseigentum vollständig überprüft. Die politische und wissenschaftliche Befassung mit den Folgen der NS-Zeit für die Kultur bleibt eine dauerhafte Aufgabe aller Berliner Kultureinrichtungen. Das Land wird diesen Prozess auch in Zukunft politisch und  finanziell unterstützen. Mein Dank gilt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für die gute Zusammenarbeit und den mit der Aufgabe betrauten Wissenschaftlerinnen für ihre ebenso sorgfältige wie kompetente Forschungsleistung."

Die untersuchten Werke sind Eigentum des Landes Berlin und seit 1968 der Nationalgalerie und dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin als Dauerleihgaben anvertraut. Es handelt sich um Gemälde, Papierarbeiten und Skulpturen. Darunter sind hochkarätige Werke moderner Kunst, etwa von Hans Arp, Ernst Barlach, Max Beckmann, Lovis Corinth, Otto Dix, Lyonel Feininger, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Kokoschka, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Georg Kolbe, August Macke, Paula Modersohn-Becker, Piet Mondrian, Henry Moore, Otto Mueller, Gabriele Münter, Edvard Munch, Ernst Wilhelm Nay, Emil Nolde, Max Pechstein, Pablo Picasso, Karl Schmidt-Rottluff und Max Slevogt.

Für ca. 85 Prozent der Werke konnten unbedenkliche Provenienzen nachgewiesen werden. Lediglich für 3 Werke gibt es Anhaltspunkte, dass ein NS-verfolgungsbedingter Verlust vorliegen könnte. Für diese Werke sind noch vertiefte Recherchen notwendig sowie Rechtsfragen zu klären.

Bei 61 Werken konnten die Provenienzen trotz ausführlicher Recherchen nicht lückenlos geklärt werden. Ein NS-verfolgungsbedingter Verlust kann deshalb nicht vollständig ausgeschlossen werden. 9 dieser Werke hat das Land Berlin bisher in die Datenbank Lostart eingestellt, darunter Werke von Georg Grosz, Wilhelm Lehmbruck und Christian Rohlfs. Diese Fundmeldungen enthalten die ausdrückliche Bitte an die Öffentlichkeit, evtl. weitere Erkenntnisse und Anspruchsberechtigungen mitzuteilen. Weitere Werke mit Provenienzlücken sollen sukzessive in die Datenbank aufgenommen werden. Das Land Berlin wird zudem Kontakt mit Personen aufnehmen, die als Erbinnen und Erben der früheren Eigentümer und Eigentümerinnen in Betracht kommen.

Die Forschungsergebnisse aus dem Projekt werden bis Ende 2015 in Buchform und online publiziert. Diese Publikation wird erstmals auch die historische Entwicklung der Galerie des 20. Jahrhunderts darstellen und ist ein bedeutender Beitrag für die Provenienzforschung in Deutschland.