01.10.2015
Gipsformerei - Kunstmanufaktur seit 1819
Die Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin stellt am 2. Oktober 2015 eine neue Edition der Nofretete-Replik vor. Diese Replik ist das einzige im Handel erhältliche Modell aus einer musealen Manufaktur und wurde in einem 2-jährigen Arbeitsprozess entwickelt. Die Museumsreplik entstand in Zusammenarbeit mit dem Rathgen-Forschungslabor sowie in enger Abstimmung mit dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin. Die neue Museumsreplik ist für 8.900 Euro erhältlich und kann bei der Gipsformerei bestellt werden. Der Sockel besteht wahlweise aus hellem persischem Muschelkalk oder schwarzem Granit.
Die Büste der Nofretete zählt zu den bekanntesten Kunstschätzen des Alten Ägypten und gilt als Meisterwerk der Amarna-Zeit und der Bildhauerkunst. Das zwischen 1353–1336 v. Chr. gefertigte Original ist heute im Neuen Museum auf der Museumsinsel Berlin zu sehen und wird dort jährlich von über 600.000 Besucherinnen und Besucher besichtigt.
Besonderheiten der neuen Museumsreplik der Nofretete
Die neue Museumsreplik zeichnet sich durch eine Farbabgleichanalyse des Rathgen-Forschungslabors, Original-Pigmente bei der Bemalung sowie ein geschliffenes Bergkristallauge aus. Hergestellt wird sie mit historischem Malverfahren. Die Grundlage hierfür ist ein Streifenlichtscan.
Mitarbeiter des Rathgen-Forschungslabors haben anhand hochaufgelöster Bilder im visuellen Bereich die Farbwerte verschiedener Farbbereiche der Nofretete-Büste ausgewertet. Für jeden einzelnen Pixel der hochaufgelösten Bilder wurden die Farbwerte der jeweiligen Farbe der Büste abgelesen. Diese objektiven Farbwerte sind in einem Farbraum durch geometrische Koordinaten beschrieben und wurden anschließend in den entsprechenden NCS-Code (Natural Color System®-Code) umgewandelt. Anhand dieses Farbbezeichnungssystems konnten die Skulpturenmaler der Gipsformerei die originalgetreuen Farbmischungen für die Reproduktion der Büste herstellen.
Die Bemalung der Replik erfolgt mit vielen Farbpigmenten, die auch schon im Alten Ägypten gebräuchlich waren, darunter das wertvolle Ägyptisch-Blau. Auch die Maltechniken orientieren sich an den Methoden aus Nofretetes Zeiten, so wird Eitempera und Distelöl als Bindemittel eingesetzt. Der Farbauftrag erfolgt in mehreren Phasen: Nach einer Grundierung wird die Nofretete so bemalt, wie sie wohl ähnlich auch vor 3000 Jahren ausgesehen haben könnte. Die „Spuren der Zeit“ werden anschließend im Zeitraffer hinzugefügt. Die Replik erhält ihre Patina und die Zerstörungen werden nicht mehr nachgemalt, sondern auf mechanischem Wege hinzugefügt. Dadurch erhält die Replik eine besondere Authentizität. Die detailgetreue Bemalung wird von den Skulpturenmalern der Gipsformerei mit der jeweiligen eigenen Handschrift durchgeführt, so dass jede Reproduktion ein Unikat darstellt. Die Herstellung nimmt mehrere Wochen in Anspruch.
Eine weitere wichtige Neuerung ist das Auge der Nofretete. Bei den Vorgängerversionen war es bemalt oder aus Harz, nun wird – wie bei der originalen Büste – ein Auge aus geschliffenem Bergkristall verwendet. Ein Edelsteinschleifer aus Idar-Oberstein gibt dem Schliff die entsprechende Patina, so dass eine größtmögliche Ähnlichkeit mit dem Original erreicht wird. Grundlage des neuen Museumsabgusses ist weiterhin eine Vermessung mit High-End 3D-Scannern.
Die Nofretete-Repliken aus der Gipsformerei
Mit der ersten öffentlichen Präsentation der Nofretete im Jahr 1924 avancierte die Modellbüste aus der Bildhauerwerkstatt des Thutmosis zum Kultobjekt. Zeitgleich wurden die ersten begehrten Repliken angefertigt. Die erste Replik der Nofretete erschien nach ihrem Fund im Dezember 1912 bereits 1914 im Inventarbuch der Gipsformerei der damals Königlichen Museen. Der erste Verkaufsbeleg stammt aus dem Jahr 1921. Grundlage für die erste Replik der Nofretete war ein Steinmodell der Bildhauerin Tina Haim. Auffällig war die idealisierte Bemalung, wie beispielsweise die Ergänzung des zweiten Auges. Diese Version der „Historischen Replik“ ist bis heute in der Gipsformerei erhältlich. Sie steht auf einem Holzsockel und kostet 1.990 Euro. Diese erste Replik von Tina Haim wurde 2014 von der Gipsformerei anhand der alten historischen Modellvorlage neu aufgelegt.
Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zu Veränderungen an den Repliken der Nofretete. Dabei spiegeln die jeweiligen Versionen, die aus Gipsformen angefertigt wurden, den zeitgemäßen technischen Stand der Reproduktionsmöglichkeiten wider. Mit den Jahren wurden die Modellvorlagen immer wieder verbessert, so wurde das Mastermodell 1971 nach einer photogrammetrischen Erfassung angefertigt. Diese Replik weist ein bemaltes Auge auf. In jüngster Zeit wurde von der Nofretete-Büste eine berührungsfreie Abformung anhand eines Streifen-Scans durchgeführt. Auf dieser Grundlage konnten Mitarbeiter der Gipsformerei eine Version mit neuen Techniken und Materialien entwickeln, die nun vorgestellt wird.
Ausstellung
Im Licht von Amarna
07.12.2012 bis 04.08.2013
Online-Angebot
Online-Ausstellung „Audienz bei Nofretete"