16.04.2024
Neue Nationalgalerie
Das Museum Berggruen – Neue Nationalgalerie zeigt eine neue Performance von Miles Greenberg (geb. 1997, Kanada) anlässlich der Eröffnung der 60. Biennale di Venezia. Die durationale Performance Greenbergs mit dem Titel „Sebastian“ geht Dialoge mit der Ikonografie des Hl. Sebastian in den Gallerie dell’Accademia sowie den geschichtsträchtigen Schwarzen Motiven Venedigs ein. Die Performance verfolgt kein lineares Narrativ, sondern wird am 18. April 2024 von 12:30 bis 20 Uhr über acht Stunden als offenes Ritual im historischen Palazzo Malipiero präsentiert.
Dieses Werk ist ein Porträt des Heiligen Sebastian. Ich habe über den europäischen Kanon und die wiederkehrenden Figuren aus verschiedenen Mythologien nachgedacht und darüber, wie ich auf diese Übung der Darstellung religiöser und mythologischer Figuren reagieren kann, die in der westlichen Kunstgeschichte immer wieder auftaucht. Es ist dieser ständige Kampf, den Künstler, die in der Performance arbeiten, zu kämpfen haben, weil sie an den Rand gedrängt werden; es ist, als ob wir parallel zur Kunstgeschichte laufen und nie im Zentrum stehen können. Währenddessen sind wir in Venedig von Caravaggio, Botticelli, Bernini umgeben, die alle diese wichtigen mythologischen Figuren, die uns in vielerlei Hinsicht definieren, wieder und wieder aufgreifen. Ich denke, es ist nur natürlich, dass die zeitgenössische Performance eine lebensfähige Fortsetzung davon ist.
In ähnlicher Weise hat mich schon immer fasziniert, wie Schwarze in der klassischen italienischen Kunst, insbesondere in Venedig, dargestellt werden, denn in der Architektur gibt es diese allgegenwärtigen schwarzen Mohrenmotive, die zwar weitgehend anonym, aber dennoch ständig präsent sind. Es gibt Darstellungen von afrikanischen Sklaven oder Soldaten oder Adligen und Frauen, deren Köpfe Türgriffe sind oder die Tisch- oder Stuhlbeine tragen oder eine Vase hochhalten. Sie halten die Stadt in gewisser Weise zusammen, treten aber in der Architektur zurück. Sie sind schwarz mit einer Art Ebenholzpatina, meist schön verziert, aber oft an ihren Platz gekettet. Sie sind wie dreidimensionale Silhouetten. Ich erinnere mich an einen Besuch im Museum Ca’ Rezzonico, wo es diese unglaublichen Figuren von Andrea Brustolon gibt, die mich sehr beeindruckt haben – vielleicht teils Inspiration und teils Trauma. Ich war wahrscheinlich dreizehn Jahre alt und war fasziniert davon, dass sie keine Identität hatten, keine Herkunft ... Jede europäische Figur hatte eine Geschichte und einen Namen, aber diese Figuren hatten keine. Ich denke, diese Entfremdung und diese Art von Stille und Geheimnis ist etwas, an dem ich mich bei der Wiederaneignung der schwarzen Figur festhielt.
Der Heilige Sebastian hat diese doppelte Bedeutung, denn er ist auch eine kodifizierte Ikone für queere Künstler in Vergangenheit und Gegenwart. Ich war schon immer besessen von dieser Figur, die an der Schwelle zur Ekstase dargestellt wird, die durch Schmerz oder einen transzendentalen Zustand erreicht wird.
Miles Greenberg (Auszüge aus einem Gespräch mit Klaus Biesenbach für das Interview Magazine im Vorfeld der Performance)
Der Körper von Miles Greenberg wird während der gesamten Dauer der Performance von vier Überwachungskameras gefilmt, die an Roboterarmen befestigt sind. Dabei variiert der Blick der Kameras die ikonischen, den Heiligen Sebastian durchbohrenden Pfeile.
Die Performance „Sebastian“ ist die Fortsetzung eines Stücks, das Miles Greenberg 2023 im Louvre begonnen hat und das von Donatien Grau in Auftrag gegeben wurde.
„Sebastian“ im Palazzo Malipiero wird ko-kuratiert von Klaus Biesenbach und Lisa Botti.
„Sebastian“ von Miles Greenberg wird freundlicherweise unterstützt von Museum Berggruen, Berggruen Arts & Culture, Cerruti, Villa Eugénie, Slobodan Randjelović und Jon L. Stryker und Thomas Rom Foundation
Anlässlich der Ausstellung „Wahlverwandtschaften. Werke aus dem Museum Berggruen – Neue Nationalgalerie im Dialog mit der Sammlung der Gallerie dell'Accademia“ (24. März bis 23. Juni 2024) an zwei Standorten:
Die Ausstellung wird von Giulio Manieri Elia und Michele Tavola (Gallerie dell'Accademia) sowie Gabriel Montua und Veronika Rudorfer (Museum Berggruen) kuratiert und freundlicherweise von Mario Codognato und Berggruen Arts & Culture Venice unterstützt.