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Miguel Helfrich, Leiter der Gipsformerei im Interview

30.06.2011
Gipsformerei - Kunstmanufaktur seit 1819

Was wir schon immer über die Gipsformerei wissen wollten ...
Leiter Miguel Helfrich weiß die Antworten.

Seit Herbst 2010 sind Sie Leiter der Gipsformerei. Vom Unternehmen "Tchibo" zu den Staatlichen Museen zu Berlin - ein spannender Wechsel. Was hat Sie dazu bewogen?

Die Gipsformerei ist ein einzigartiges Unternehmen mit großartigem Potential. Hinter jedem Winkel und in jeder Ecke warten tolle Geschichten, die erzählt, aber auch vermarktet werden können. Für mich als Marketingexperte ist das ein großartiger Schatz, den es zu heben gilt. Aber nicht nur die Vermarktungsmöglichkeiten begeistern mich, sondern auch die Möglichkeit das Erbe der Gipsformerei als dreidimensionales Archiv weiterzuführen und an der Bewahrung bedrohter Kunstwerke mitzuwirken.

Die Gipsformerei ist die älteste Einrichtung der Staatlichen Museen zu Berlin - was sind ihre Pläne und Visionen für diese Institution?
Das langfristige Ziel ist es, die Gipsformerei zu einer der führenden europäischen Kunstmanufakturen zu machen. Und zwar in der Qualität, dem Angebot an Kunstrepliken, und der nationalen bzw. internationalen Wahrnehmung dieses Angebots. Zugleich strebe ich an, die Gipsformerei mit ihrer bedeutenden Rolle als Bewahrerin des Kulturerbes zielgerichtet auszubauen.

Die Gipsformerei hat weltweit Abnehmer - an welchen Orten jenseits von Berlin können Wissenschaftler und Museumsbesucher von ihrer Arbeit profitieren?
Wir bekommen Aufträge aus der ganzen Welt. Unter anderem aus vielen Museen und wissenschaftliche Einrichtungen. Unsere Kunstrepliken befinden sich z.B. in China, Brasilien, USA, aber natürlich auch in fast jedem europäischen Land. In Deutschland haben wir allein letztes Jahr ca. 20 Sonderausstellungen mit unseren Kunstrepliken ausgestattet.

Welche Ausbildung muss man absolvieren um an einer Gipsformerei arbeiten zu können?
Den Lehrberuf als Kunstformer gibt es nicht mehr, daher kommen mittlerweile viele Mitarbeiter aus artverwandten Berufen und werden hier ausgebildet. Damit pflegen und erhalten wir auch Fertigkeiten, die sonst vielleicht in Vergessenheit geraten würden. Ähnliches gilt für unsere großartigen Skulpturenmaler, die ebenfalls ihr Kunsthandwerk bei uns erlernen.

Gibt es einen Verkaufsschlager?
Eines unserer beliebtesten Stücke ist die bemalte Nofretete-Büste.

Was ist der kleinste und was der größte Gipsabguss, den ihre Mitarbeiter herstellen?
Der größte Abguss ist die 42 Meter hohe Mark-Aurel-Säule aus Rom und der kleinste ein ägyptischer Skarabäus in Fingernagelgröße.

Wie lange braucht es, bis ein Abguss der Nofretete-Büste nahezu der Schönheit des Originals entspricht?
Die Anfertigung des Abgusses und dessen konturenscharfe Nachbearbeitung dauert ca. eineinhalb Tage, hinzu kommt die äußerst aufwendige Bemalung mit über 40 verschieden Farben, die rund eine Woche dauert. Das Ergebnis ist ein Meisterwerk, bei dem die meisten Menschen das Original nicht von unserer Kunstreplik unterscheiden können.