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Fünf Werke aus der Gemäldegalerie und der Alten Nationalgalerie restituiert

22.05.2019
Gemäldegalerie

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat mit den Erben des Kunsthändlers Heinrich Ueberall die Restitution von fünf Werken aus den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin vereinbart.

Heinrich Ueberall hatte die Werke als Kreditsicherheit an die Dresdner Bank übergeben. 1939 wurde er in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er im selben Jahr verstarb. Sein Sohn und seine Tochter mit ihrer Familie konnten emigrieren. Zwei seiner Enkel überlebten so den Holocaust.

Restituierte Werke

Restituiert werden aus dem Bestand der Gemäldegalerie Matteus Stom (1600 – nach 1641): Biblische Darstellung / Sarah führt Abraham Hagar zu (1642-1650), Bartholomeus van der Helst (Kopie): Herrenbildnis / Bildnis eines Mannes (17. Jh.), und Frans Ykens: Stillleben (17. Jh.). Aus der Alten Nationalgalerie werden zwei Bronzen unbekannter Künstler restituiert, bei denen es sich jeweils um eine verkleinerte Nachbildung eines bekannten Werkes handelt: nach Allegrain: Venus nach dem Bade (um 1845/1864), und nach Canova: Venus (um 1845/64).

Heinrich Ueberall und Familie

Heinrich Ueberall (20.12.1869, Jaroslawl, Galizien – 27.9.1939, KZ Sachsenhausen) war 1899 mit seiner Frau Rebekka und den beiden Kindern nach Berlin gezogen. Er betrieb einen florierenden Kunst- und Antiquitätenhandel, zu dessen Kunden bis 1933 unter anderem das Auswärtige Amt zählte. Aufgrund der zunehmenden Repressalien musste Ueberall das Geschäft zwischen 1936 und 1938 aufgeben. Er beantragte 1939 erfolgreich ein britisches Einreisevisum für sich und seine Frau. Der Kriegsausbruch machte jedoch eine Ausreise unmöglich. Heinrich Ueberall wurde im September 1939 in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er noch im selben Monat verstarb. Seine Witwe nahm sich 1942, nachdem sie einen Deportationsbescheid erhalten hatte, das Leben. Rebekka Ueberall lebte zum Zeitpunkt ihres Todes vollkommen mittellos in einer sogenannten Judenwohnung. Der Gerichtsvollzieher stellte posthum keinerlei Vermögenswert fest.

Die Tochter war mit ihrer Familie bereits 1938 geflohen und 1940 in die USA emigriert, der Sohn floh 1939 nach London. Zwei Enkel von Heinrich und Rebekka Ueberall überlebten den Holocaust, einer von ihnen darf die Restitution noch erleben. Irena Strelow bedankte sich im Namen der Erben bei der SPK ausdrücklich für die Restitution: „Mit der Rückgabe zeigt die Stiftung, dass sie sich verantwortungsbewusst mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und ihre eigene Rolle als Profiteur der Judenverfolgung kritisch anerkennt. Die SPK lässt damit einem der noch wenigen lebenden Holocaust-Opfer ein kleines Stück Gerechtigkeit zuteilwerden.“

Provenienzforschung 

Die Werke gehörten zu einem Konvolut von über 4000 Kunstwerken, die der Staat Preußen 1935 von der Dresdner Bank ankaufte und kurz darauf an die Staatlichen Museen zu Berlin übergab. Seit Anfang 2018 erforscht die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in einem eigenen Provenienzforschungsprojekt diesen Bestand, der unterschiedlichsten Vorbesitzern zuzuordnen ist. Etwa zeitgleich hatte sich Dr. Irena Strelow, die Vertreterin der Erben von Heinrich Ueberall, mit einer Restitutionsanfrage an die Stiftung gewandt. Aus dessen Sammlung hatten die Staatlichen Museen zu Berlin im Zuge der Transaktion 1935 zehn Werke bzw. Werkgruppen erhalten, von denen jedoch einige bald darauf weiterverkauft wurden, andere kriegsbedingt abhandengekommen oder verschollen sind.

Die Werke, die im Projekt zur Dresdner Bank erforscht werden, waren größtenteils als Kreditsicherheiten im Besitz der Bank. Die einzelnen Kreditgeschäfte waren jedoch in ihrer Ausgestaltung sehr unterschiedlich. Schon vor Jahren vermutete die SPK, dass dieser Werkkomplex verfolgungsbedingt entzogene Werke enthalten könnte, und begann mit der sukzessiven Prüfung der Bestände bestimmter Teilgeschäfte. Eine von der SPK angestoßene und unterstützte Dissertation lieferte im November 2017 den historischen und wirtschaftlichen Kontext des Bankgeschäftes. Sie dient nun als Grundlage für die Erforschung der Einzelfälle in dem SPK-eigenen Projekt und führte auch zu einigen Restitutionsanfragen an die Stiftung.

Die Erforschung der Herkunft der Sammlungsobjekte gehört auch zu den Kernaufgaben der Staatlichen Museen zu Berlin.