18.06.2024
Neues Museum
Am Montag, den 17. Juni 2024, wurde der Zypern-Saal im Neuen Museum auf der Museumsinsel von der Kulturministerin der Republik Zypern, Dr. Vasiliki Kassianidou, gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit musikalischen Interventionen des ´HXOS Chor Berlin mit zypriotischen sowie griechischen Chorwerken unter der Leitung von Stelios Chatziktoris feierlich wiedereröffnet. Die Statue einer Göttin mit Taube (Aphrodite/Astarte), Kleinplastiken aus verschieden Tempeln, eine Saugschale aus Kition und Funde aus den Königsgräbern von Tamassos können wieder bewundert werden.
Zypern ist die östlichste Insel des Mittelmeerraums und gilt mythologisch als Geburtsort der Göttin Aphrodite. In der europäischen Vorgeschichte nahm Zypern seit der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. einen festen Platz ein, als die Entwicklung des Kupferbergbaus vorangetrieben wurde. Die Kupferlagerstätten zogen neue Siedler an und in Küstennähe entstanden große Zentren, die den Abbau und den Handel mit dem begehrten Metall organisierten und kontrollierten. Zeitgleich mit dem Beginn des Neuen Reiches in Ägypten und der Etablierung der Mykenischen Kultur, der ältesten europäischen Zivilisation auf dem griechischen Festland, in der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. begann in Zypern eine kulturelle Blütezeit. Die Insel etablierte sich zu einer Drehscheibe des ostmediterranen Handels und verband die umliegenden Kontinente Europa, Asien und Afrika. Das Handelsgeflecht zwischen Zypern, Ägypten, der Levante, Anatolien und Griechenland dehnte sich bis in den westlichen Mittelmeerraum aus.
Die faszinierende Vielfalt der heutigen zypriotischen Kunst und Kultur ist das Ergebnis der Besiedlungen verschiedenster Kulturen und deren Spuren seit der Antike. So haben zunächst die Phönizier, Griechen und die Ägypter Kolonien auf der Insel gegründet. Anschließend gelang Zypern in die persische und römische Einflusssphäre. Diese kulturelle Vielfalt spiegelt sich in den materiellen Hinterlassenschaften in zahlreichen Zentren wider und prägen die zypriotische Gesellschaft bis heute.
Dank der Tätigkeit des deutschen Archäologen Max Ohnefalsch-Richter (1850-1917), der zwischen 1880 und 1889 seine Forschungen auf Zypern durchführte, gelangten viele Funde nach Deutschland, die im Laufe der Zeit zum Teil weltweit zerstreut wurden. Ein Teil kam nach Berlin und wurde überwiegend dem Antiquarium der königlichen Museen in Berlin (heute Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin) verkauft. Einen größeren Teil der Sammlung kaufte der Bankier und Kunstmäzen Valentin Weisbach (1843-1899) von Ohnefalsch-Richter ab und schenkte es 1889 dem Museum für Völkerkunde zu Leipzig. 1974 wurde diese Sammlung aus Leipzig nach Berlin-Ost in das Museum für Deutsche Geschichte überführt. Erst nach der deutschen Wiedervereinigung gelangten die zypriotischen Altertümer der ehemaligen Sammlung von Max Ohnefalsch-Richter zum Museum für Vor- und Frühgeschichte, dessen eigener Zypern-Bestand ziemlich große Verlustlücken nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete.
Als im Jahr 2009 das Neue Museum auf der Museumsinsel wiedereröffnet wurde, konnte die vervollständigte Zypern-Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte und der Zypern-Bestand der Antikensammlung in einem Saal vereint dem breiten Publikum präsentiert werden. Diesen Saal im Erdgeschoss des Neuen Museums bezeichnet man seitdem als Zypern-Saal.
Der Zypern-Saal im Neuen Museum bietet den Tausenden von Besuchern, die das Museum besuchen, die hervorragende Möglichkeit, einen Einblick in die zypriotische Archäologie und antike Kultur zu erhalten und mehr über unsere Insel und ihre jahrtausendealte Geschichte zu erfahren.
Kulturministerin der Republik Zypern, Dr. Vasiliki Kassianidou
Die vereinte Berliner Sammlung der zypriotischen Altertümer ist eine der größten und vielfältigsten Sammlungen deutschlandweit, die eine Zeitschiene von 2.500 v. Chr. bis zum Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. der zypriotischen Vor- und Frühgeschichte illustriert und zusammen mit den Sammlungen des Britisch Museum in London, des Musée du Louvre in Paris, des Medelhavsmuseet in Stockholm, des Fitzwilliam Museum in Cambridge, des Nationalmuseums in Kopenhagen, des Metropolitan Museum of Art in New York und des Kunsthistorischem Museums in Wien die zypriotische Antike außerhalb Zyperns präsentiert.
Zu den Highlights der Sammlung gehört eine Statue einer Göttin mit Taube aus Dali. Da die Taube kultisch der Göttin Aphrodite besonders nahestand, kann man davon ausgehen, dass die Statue die Aphrodite darstellt, die auf Zypern in mehreren Heiligtümern verehrt wurde. Gleichzeitig wird die Statue als eine Vegetationsgottheit oder die Große Göttin von Zypern in Gestalt der Astarte verstanden, die von Phönizier verehrt und durch die phönizischen Seefahrer nach Zypern gebracht wurde. Weiterhin stellt eine Saugschale ein extrem seltenes Exemplar dar, bei der mittels eines verborgenen Rohrs der Schalenboden mit einem Stierkopf am Schalenrand verbunden ist. Durch den Stiermund konnte die Flüssigkeit aus der Schale gesaugt werden. Solche Gefäße können mit Trankopfern oder flüssigen Spenden verbunden werden. Das antike Strohhalmprinzip entstand auf Zypern zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr.
Das Neue Museum besitzt eine der wichtigsten Sammlungen zypriotischer Altertümer außerhalb Zyperns. Die hier gezeigten Objekte erzählen viel über den Kulturraum Mittelmeer. Wir können eine bemerkenswerte Vielfalt kultureller Einflüsse sehen, die das Ergebnis der intensiven Kontakte Zyperns zu Ägypten, der Levante, Anatolien und Griechenland sind. Der Zypern-Saal ermöglicht uns eine Zeitreise zurück bis ins Jahr 2500 vor Christus – und lässt eine längst vergangene Welt wiederauferstehen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth
Durch das Zusammenwirken des Museums für Vor- und Frühgeschichte und der Antikensammlung ist im Neuen Museum nun eine der umfassendsten Ausstellungen zypriotischer Kultur in Deutschland zu sehen. Nimmt man die Troja-Sammlung im Nachbarsaal dazu, zeigt das Haus zukünftig eine der europaweit größten Präsentationen der antiken Geschichte des Ostmittelmeerraumes. Unser Ziel ist eine gemeinsame Sonderausstellung zur antiken Geschichte Zyperns, die die herausragende kulturelle Bedeutung dieser einzigartigen Mittelmeerinsel verdeutlicht – dazu haben bereits erste, vielversprechende Gespräche mit unseren Partnern stattgefunden.
Hermann Parzinger, Präsident der SPK