01.03.2018
Kunstgewerbemuseum
Die Ernst von Siemens Kunststiftung hat für das Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin einen zwölfteiligen Stellschirm in Koromandel-Lack-Technik von beeindruckender Qualität und Größe erworben.
Hergestellt im späten 17. Jahrhundert, zeigt er eine in höchster handwerklicher Kunst in den Lack geschnitzte und farbig kolorierte Darstellung von einem Phönix-Paar umringt von Vögeln und Blüten. Ein nahezu identischer Stellschirm befand sich bis zur Zerstörung 1945 in der Vertäfelung des chinesischen Lackkabinetts im Berliner Schloss. Der neu erworbene Schirm wird im Rahmen der Sonderausstellung „Vis à vis. Asien trifft Europa“ bis zum 30. April 2019 im Barockraum des Kunstgewerbemuseums im Kontext der europäischen Chinoiserien präsentiert. Nach Eröffnung des Humboldt Forums wird er dort dauerhaft in der Galerie „Literatenkunst Chinas“ gezeigt.
„Wir sind der Ernst von Siemens Kunststiftung zu größtem Dank verpflichtet“, so Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. „Mit dieser kostbaren Leihgabe wird die künftige Präsentation des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum maßgeblich bereichert.“ Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung, fügt hinzu: „Für uns war es eine große Freude, ein einzigartiges Exponat für diesen besonderen Ort erwerben zu können. Das Vermächtnis des Unternehmers und Mäzens Ernst von Siemens und die Unterstützung der Siemens AG machten den entschlossenen Erwerb möglich." „Ein solches Spitzenwerk der Lackkunst fehlte bislang in unseren Beständen“, so Klaas Ruitenbeek, Direktor des Museums für Asiatische Kunst. „Wir danken der Ernst von Siemens Kunststiftung, die es ermöglicht, dieses Wunschobjekt in der Sammlung begrüßen zu dürfen.“
Stellschirme aus Koromandel-Lack sind Erzeugnisse des chinesischen Kunsthandwerks und hatten im 17. und 18. Jahrhundert ihre Blütezeit. In der Koromandel-Lack-Technik wird auf Holzpaneele eine einige Millimeter starke Schicht aus Kreide vermischt mit Leim aufgetragen, und darüber wieder eine dünne Schwarzlackschicht. Die bildlichen Darstellungen werden durch die Lackschicht in die Kreideschicht eingeschnitzt. Die freigelegten Partien der hellen Unterschicht, von schwarzen Flächen oder Stegen getrennt, werden mit Farben koloriert und teilweise vergoldet. Diese Schirme wurden in China gerne als Geschenke verwendet, hauptsächlich zu Geburtstagen oder Titelverleihungen.
Der nun erworbene, 272 x 569 cm große Stellschirm zeigt einen Garten mit Gartenfelsen, Bäumen, Blumen und Vögeln innerhalb einer Bordüre mit Darstellungen von Antiquitäten, wie sie traditionell von chinesischen Literaten gesammelt wurden. Im Literatengarten kristallisiert sich die ganze Lebens- und Naturphilosophie der geistigen und wirtschaftlichen Oberschicht Chinas. Der von der Ernst von Siemens Kunststiftung aus einer französischen Privatsammlung erworbene Schirm besticht durch motivischen und koloristischen Reichtum ebenso wie durch die insgesamt sehr gute Erhaltung. Die in einem eigens angefertigten Gutachten ausführlich erforschte Provenienz ergab, dass der Schirm im 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert nach Buenos Aires und von dort in den 1980er-Jahren nach Europa gelangt sein dürfte.
Die große Bedeutung der Erwerbung liegt im Kontext der Geschichte des wiederaufgebauten Stadtschlosses. Im Lackkabinett des im zweiten Weltkrieg zerstörten Schlosses wurden Koromandel-Lack-Schirme als Vertäfelung verwendet – einer davon war nahezu identisch mit dem nun erworbenen Stellschirm und steht charakteristisch für die frühen Asiensammlungen der Berliner Museen. Deren Ursprung bildeten schon damals die Kunstkammer des Schlosses und das chinesische Lackkabinett. Weitere der teilweise schon vor 1700 vorhandenen Objekte gehören heute zu den Sammlungen des Museums für Asiatische Kunst und des Ethnologischen Museums und werden ab 2019 wieder im Humboldt Forum zu sehen sein.