15.07.2010
Pergamonmuseum
Anlässlich des 150. Geburtstages von Max von Oppenheim am 15.7.2010 und zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten an den im Krieg zerstörten Monumentalskulpturen vom Tell Halaf (Syrien) wird die wieder hergestellte Sammlung, die in Kooperation mit der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung restauriert wurde, auf einer Pressekonferenz in der Arbeitshalle der Staatlichen Museen zu Berlin in Berlin-Friedrichshagen vorgestellt. Außerdem wird eine Vorausschau auf die im Januar 2011 zu erwartende Ausstellung des Vorderasiatischen Museums im Pergamonmuseum "Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf" (www.gerettete-goetter.de) gegeben.
Pünktlich zum 150. Geburtstag des Ausgräbers und Museumsgründers Max Freiherr von Oppenheim, endet in Berlin-Friedrichshagen offiziell das größte Restaurierungsprojekt der vergangenen Dekaden: In den Arbeitshallen der Staatlichen Museen zu Berlin setzten Wissenschaftler des Vorderasiatischen Museums und ein Restauratorenteam innerhalb von neun Jahren die Trümmer von über 30 Skulpturen und Reliefplatten wieder zusammen. Im Zweiten Weltkrieg hatte eine Brandbombe das Berliner Tell Halaf-Museum zerstört und mit ihm die 3000 Jahre alte Sammlung.
"Es wäre ja großartig, wenn tatsächlich die Stücke, in welche die einzelnen Steinbilder zerborsten sind, gesammelt nach den Staatlichen Museen gebracht und später wieder einmal zusammengefügt werden können." Als Max Freiherr von Oppenheim 1944 diesen Wunsch in einem Brief an den damaligen Direktor des Vorderasiatischen Museums Walter Andrae formulierte, lag das von ihm gegründete Tell Halaf-Museum in Berlin- Charlottenburg in Schutt und Asche.
Dr. Nadja Cholidis vom Vorderasiatischen Museum Berlin, wissenschaftliche Leiterin des Tell Halaf-Projekts, erinnert sich: "Aus einem Trümmerhaufen, der in den Akten des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen 1954 als totaler Kriegsverlust geführt wurde, eine erlebbare archäologische Sammlung wieder erstehen zu lassen, schien uns anfangs wie ein echtes Abenteuer mit ungewissem Ausgang." Zusammen mit Dr. Lutz Martin, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Vorderasiatischen Museums, und einem kleinen Team von Wissenschaftlern und Restauratoren erfüllte die Archäologin dem Kölner Bankierssohn und Ausgräber Max Freiherr von Oppenheim nun postum seinen sehnlichsten Wunsch - die Wiederherstellung der in kleine bis kleinste Bruchstücke zerborstenen Monumentalskulpturen und Reliefplatten vom Tell Halaf.
Geschichte
1899 hatte Baron Oppenheim auf dem Tell Halaf (Nordost-Syrien) einen aramäischen Fürstensitz aus dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. entdeckt. Ein Teil der spektakulären Funde kam nach Abschluss der Ausgrabungen nach Berlin und wurde nicht - wie ursprünglich vorgesehen - auf der Museumsinsel ausgestellt, sondern in einer umgebauten Maschinenhalle in Berlin-Charlottenburg.
Das von Oppenheim zu seinem 70. Geburtstag am 15. Juli 1930 eröffnete Tell Halaf-Museum erlangte innerhalb kürzester Zeit nationale und internationale Beachtung. Zu den Besuchern zählten herausragende Persönlichkeiten wie König Faisal I. von Irak, der irische Schriftsteller Samuel Beckett sowie der Archäologe Max Mallowan und seine Frau, die Kriminalautorin Agatha Christie.
Der Name Tell Halaf wurde damals im selben Atemzug mit den berühmten deutschen Ausgrabungen von Troja und Babylon genannt. Im November 1943 zerstörte eine Phosphorbombe der Alliierten das Museum: Im Feuer verbrannten alle Exponate aus Kalkstein, Holz und Gips, während die Skulpturen und Reliefplatten aus Basalt bei den vergeblichen Löschversuchen zerbarsten. Unter größten Schwierigkeiten wurden fast alle Überreste geborgen und in die Rohrkeller des Pergamonmuseums gebracht. Trotzdem schien eine Restaurierung undenkbar und so gerieten das einst so beachtete Tell Halaf-Museum und die Trümmersammlung fast ein halbes Jahrhundert in Vergessenheit.
Erst nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung konnte die in Köln ansässige Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung die Berliner Funde vom Tell Halaf sichten. Die Bestandsliste von 1993 erfasste "Bruchstücke mehrerer rundplastischer Figuren, so z.B. diejenigen zweier großer Löwen aus dem Eingang des Westpalastes, der Kopf einer Sphinx und der Torso eines großen Vogels".
Die Hoffnung auf eine Wiederherstellung zumindest eines Teils der Monumentalstatuen bildete die Grundlage für Verhandlungen zwischen der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung als Eigentümerin und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die die Sammlung in ihren Räumen auf der Museumsinel Berlin aufbewahrte.
Als das Tell Halaf-Projekt (www.tell-halaf-projekt.de) im Oktober 2001 seine Arbeit aufnahm, galt es sprichwörtlich als "steinreich": Mehr als 27.000 Fragmente, verpackt in Gitterboxen und auf Paletten, waren zu sortieren und zu identifizieren. Dank der großzügigen Förderung durch die Sal. Oppenheim-Stiftung, die Alfred Freiherr von Oppenheim-Stiftung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Auswärtige Amt und die Staatlichen Museen zu Berlin sind neun Jahre später wieder sämtliche Bildwerke aus Basalt sowie eine beeindruckende Kollektion von Architektur- und Werksteinen entstanden, die bis zu diesem Zeitpunkt als verloren galten.
Zukunft
Im Januar 2011 wird die Tell Halaf-Sammlung nach 68 Jahren in einer Ausstellung des Vorderasiatischen Museums im Pergamonmuseum, Museumsinsel Berlin, endlich wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Vom 28. Januar bis zum 14. August 2011 werden die restaurierten Bildwerke und ihre spannende Schicksalsgeschichte im Nordflügel des Pergamonmuseums in Szene gesetzt. Durch ein besonderes Lichtkonzept sollen die Monumentalstatuen und Reliefplatten in ihrer ursprünglichen Pracht zur Geltung kommen - ohne ihre Narben und Wunden zu verbergen. Persönliche Gegenstände Max von Oppenheims sowie Film- und Fotodokumente erinnern an den Ausgräber und sein einzigartiges Museum. Neben dem nun abgeschlossenen Restaurierungsprojekt werden auch die seit 2006 wieder aufgenommenen Ausgrabungen am Tell Halaf vorgestellt.
Die durch die Restaurierung wiederentstandenen Denkmäler des aramäischen Fürstenpalastes werden nach den Plänen des Kölner Architekten O. M. Ungers den neuen Eingang zum Vorderasiatischen Museum im Pergamonmuseum bilden. Damit erfüllt sich ein zweiter Wunsch Max von Oppenheims: Die ständige Präsentation seiner Funde auf der Museumsinsel.
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