13.06.2018
Museum Europäischer Kulturen
#Unser Nachbar. Über Sportereignisse werden nationale Identitäten verhandelt. Der Bewegungsmelder des MEK zeigt aus Anlass der WM 2018, wie 2016 die Vielfalt der deutschen Nationalmannschaft zum Gegenstand lautstarker öffentlicher Diskussionen wurde.
Die deutsche Nationalmannschaft, die aktuell bei der WM in Russland antritt, ist außerordentlich vielfältig. Die Eltern der Teammitglieder kommen aus Polen, der Türkei, Ghana, Bayern und Schwaben, aus Sierra Leone und Spanien. Einige besitzen neben ihrer deutschen Staatsangehörigkeit auch einen tunesischen oder französischen Pass. Sie spiegeln die Vielfalt der deutschen Bevölkerung wider und treten in internationalen Wettkämpfen wie der Fußballweltmeisterschaft für Deutschland an.
Aber nicht alle scheinen dies akzeptieren zu können. Der AFD-Politiker Alexander Gauland löste im Vorfeld der Europameisterschaft im Mai 2016 einen Skandal aus, als er in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über den Nationalspieler Jerôme Boateng sagte: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
Unter dem Hashtag „UnserNachbar“ solidarisierten sich daraufhin zahlreiche Menschen auf Twitter und Facebook mit Jerôme Boateng, ebenso andere Fußballspieler. So schrieb Benedikt Höwedes unter ein Foto, das ihn mit Boateng zeigt, auf Twitter: „Wenn du für Deutschland Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn“. Bei einem Testspiel, das die DFB-Mannschaft am Abend nach Erscheinen des Interviews mit Gauland in Augsburg absolvierte, hatte der Fanblock ein großes Banner dabei, auf dem „Jerome sei unser Nachbar!“ stand.
Auch andere europäische Nationalmannschaften haben Torschützen unterschiedlicher kultureller Herkunft: Zlatan Ibrahimovic stand lange Zeit symbolhaft für die schwedische Nationalmannschaft. 2017 wurde der aus Brasilien stammende Nationalspieler Emerson Palmieri dos Santos in Italien eingebürgert. Die Eltern von Kenny Tete, der für die Niederlande spielt, kommen aus Mosambik und Indonesien. Sie alle sind Nachbarn in Europa und Symbol für die vielfältigen Kulturen und Lebenswelten, die die Nationalstaaten in Europa prägen. Ob in Zukunft vielleicht auch einmal eine gesamteuropäische Mannschaft bei einem internationalen Turnier antreten wird?
Der Bewegungsmelder hat sich als ein neues Format etabliert, in dem das Museum Europäischer Kulturen regelmäßig Bezug auf aktuelle Themen nimmt. Das Schaufenster befindet sich im Foyer, Arnimallee 25, direkt neben dem Eingang.