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Bewegungsmelder Nr. 19: Für hier oder zum Mitnehmen?

25.01.2022
Museum Europäischer Kulturen

Im Bewegungsmelder zeigt das Museum Europäischer Kulturen (MEK) Sammlungsobjekte sowie Leihgaben mit Bezug zu aktuellen Themen, die Menschen in Europa bewegen. Der 19. Bewegungsmelder beschäftigt sich mit Einwegverpackungen für Getränke und Lebensmittel. Bis Mitte März 2022 ist dieser Bewegungsmelder im Foyer des MEK zu sehen.

Was in den 1980er-Jahren noch undenkbar war, gehört heute für viele zum Alltag: Auf dem Weg zur Arbeit oder während der Mittagspause kauft man sich einen Kaffee. Man setzt sich damit jedoch nicht ins Café. Stattdessen trinkt man ihn unterwegs aus einem Einwegbecher.

Diese Pappbecher sind zu einem Symbol für eine schnelllebige Arbeitswelt und für vermeintliche kosmopolitische Coolness geworden. Im Durchschnitt gehen pro Jahr 34 Einwegbecher durch die Hände jede*r Deutschen. Das bedeutet auch: Ein riesiger Müllberg von 2,8 Milliarden Bechern entsteht jedes Jahr allein in Deutschland.

So wie die Digitalisierung und die Demokratisierung des Flugverkehrs das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts beschleunigt haben, hatten die Industrialisierung und der Ausbau des Schienennetzes im 19. Jahrhundert den gleichen Effekt. Aus dieser Zeit stammen die ersten Papierbecher für unterwegs. Die flachen Tüten wurden aufgedrückt und anschließend mit Wasser aus einer Quelle oder einem Wasserhahn befüllt. Sie kosteten 5 Cent und wurden nur einmal benutzt. Gerade während der Grippepandemie Ende der 1910er-Jahre wurden sie beliebt: Viele hatten Angst, sich durch gemeinsam genutzte Emaillebecher anzustecken. Parallelen lassen sich auch zur aktuellen Corona-Pandemie ziehen: Mit dem damit einhergehenden Außer-Haus-Verzehr haben sich der Verbrauch an To-go-Bechern und die Müllproblematik durch Einweggeschirr aus Plastik verschärft.

Dringend notwendig war deshalb das EU-weite Verbot von Einwegplastik. Seit Juli 2021 gilt: Becher aus Styropor, Plastikgeschirr, Strohhalme etc. dürfen nicht mehr produziert und in Umlauf gebracht werden. Schon seit Anfang 2021 dürfen schwer recycelbare Kunststoffabfälle nicht länger zur Entsorgung aus der EU exportiert werden. Mit den aktuellen und geplanten Maßnahmen lässt sich der Müllberg allerdings viel langsamer abbauen, als er entstanden ist.

Bereits im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche wiederverwendbare Becher für unterwegs entwickelt: Von Bechern aus Metall oder Plastik, die sich flach zusammenschieben lassen, über Thermosbecher aus Porzellan bis hin zu „Recups”, einem Pfandsystem für To-go-Becher, das es in immer mehr deutschen Städten gibt. Der Kaffee-to-go ist gekommen um zu bleiben – der Wegwerfbecher auch?