23.06.2020
Museum Europäischer Kulturen
Im Bewegungsmelder zeigt das Museum Europäischer Kulturen (MEK) Sammlungsobjekte sowie Leihgaben mit Bezug zu aktuellen Themen. Der 16. Bewegungsmelder beschäftigt sich mit der sogenannten Corona-Krise und früheren Pandemien. Er geht der Frage nach, wie sich Pandemien in Museen sammeln lassen und stellt die Frage: Welche sozialen Strategien im Umgang mit Pandemien können wir heute aus den gesammelten Objekten und Bildern lesen? Noch bis Ende September 2020 ist dieser Bewegungsmelder im Foyer des MEK zu sehen.
Das Virus SARS-CoV-2, das die bis vor kurzem unbekannte Krankheit COVID-19 verursacht, hat unser aller Leben in den letzten Monaten massiv verändert. Vieles ist zum Stillstand gekommen. Die ökonomischen Unterschiede treten hier und im globalen Vergleich wie unter einem Brennglas noch deutlicher zutage. Autoritäre und populistische Regierungen und Bewegungen versuchen, die Pandemie zur Durchsetzung ihrer Ziele zu nutzen. Während in Mitteleuropa vor allem unser Lebensstil infrage steht, können sich viele Menschen im Globalen Süden kaum vor der Krankheit schützen und sind zudem durch Armut existenziell bedroht.
Die Krise ist für uns etwas völlig Neues – wir navigieren im Nebel und erinnern uns an historische Vorgänger: an die mittelalterliche Pest, die als „Schwarzer Tod“ ins kollektive Gedächtnis einging; die Cholera, die im 19. Jahrhundert das revolutionäre Europa in Angst und Schrecken versetzte; die „Spanische Grippe“, die zum Ende des Ersten Weltkriegs mehr Menschen dahinraffte als die vorangegangenen Kriegshandlungen; HIV/AIDS als lange tabuisierte Krankheit, die heute den weltweit ungleichen Zugang zu Medikamenten (und damit zu Lebensqualität und Überleben) verdeutlicht.
Gegenmaßnahmen wurden und werden immer auf unterschiedlichen Feldern ergriffen: politisch durch Gesetze zu Verhalten und Hygiene im öffentlichen Raum sowie Einschränkungen der Mobilität von Menschen und Dingen; medizinisch durch Arzneimittel zu Prävention und Therapie; religiös-spirituell durch Amulette und Schutzgebete; gesellschaftlich durch Stigmatisierung und Ausgrenzung bestimmter Gruppen, aber auch starken Solidaritätsbekundungen.
Gleichzeitig führen Pandemien immer auch zu einem grundlegenden Hinterfragen gesellschaftlicher Strukturen: die Hoffnung auf ein verändertes Miteinander und ein achtsameres Verhältnis zur nicht-menschlichen Umwelt offenbart sich auch in den vielen Einsendungen aus ganz Europa, die das MEK auf seinen Sammelaufruf #CollectingCorona erhalten hat. In diesen Reflexionen schwingt die angst- und hoffnungsvolle Frage immer mit: „Und was, wenn wir nicht zum Normalzustand zurückkehren?“