14.02.2020
Museum Europäischer Kulturen
Im Bewegungsmelder zeigt das Museum Europäischer Kulturen (MEK) Sammlungsobjekte sowie Leihgaben mit Bezug zu aktuellen Themen. Der 15. Bewegungsmelder beschäftigt sich mit dem Kleid "Gefaltete Helden - COMIC-FAN", das seit 2013 im Bestand des MEK ist. Ein doppeldeutiger Titel für eine Kreation, die kontrastreicher nicht sein könnte: Der Berliner Modekünstler Stephan Hann titelte das Kleid bewusst "COMIC-FAN", ein englisches Wortspiel, das den Comic-Begeisterten mit dem Fächer verbindet. Noch bis zum 26. April 2020 ist das Kleid im Foyer des MEK zu sehen.
Das Material für das Kleid entdeckte Stephan Hann 2008 auf dem Flohmarkt an der Berliner Museumsinsel. Eine ganze Kiste voller Comics, Anfang der 1970er Jahre eigens gedruckt für US-amerikanische Soldaten, die im Ausland stationiert waren. Gezeichnete Geschichten, die sich eindeutig an eine männliche Leserschaft richten. Auf bizarr-naive Art spiegelt sich die Vorstellungswelt der 1960er Jahre in den brutalen Kampfszenen wild entschlossener Muskelhelden wider, die von großbusigen Frauen schmachtend bewundert werden.
Im krassen Gegensatz zu den schonungslosen Darstellungen dieser kaltblütig agierenden Helden geben sich das Papier und die lichten Farben der Comics eher zart und empfindsam-verletzlich: Die Pastelltöne Hellblau, Rosa, Gelb und Mint dominieren die Palette und verleihen dem Papier mit ihrer eleganten Zurückhaltung schon fast etwas Stoffliches. Übrigens sind die Farben im Laufe der letzten 50 Jahre keineswegs verblichen, die Original-Druckfarben fielen so hell aus. Dieser Kontrast zwischen Material und Inhalt inspirierte Stephan Hann:
Ich wählte eine Kleidform der 1960er Jahre, die Leichtigkeit hat und auch etwas Mädchenhaftes. Die Faltenborte am Kragen und am Saumende gibt dem Kleid etwas Gouvernantiges/Strenges. Die Ärmelchen sind nur angedeutet, sie bestehen aus mehreren gefalteten Fächern, die kurz vor dem Wegfliegen sind …
Das Kleid wurde erstmals 2008 in der Ausstellung "Couture Remixed" im Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin gezeigt. Weitere Präsentationen in Berlin (2009), Zürich (2010), Lübeck (2011) und Karlsruhe (2013) folgten.