Ausstellung „Reisende Erzählungen“ in der Staatsbibliothek zu Berlin in Kooperation mit der Kunstbibliothek

26.11.2019
Kunstbibliothek

Anhand von rund 200 Objekten veranschaulicht die in Kooperation mit der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin und der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin realisierte multimediale Ausstellung "Reisende Erzählungen" in der Staatsbibliothek zu Berlin die vielfältigen Überlieferungswege und Erscheinungsformen der Erzählsammlung "Tausendundeine Nacht". Die Präsentation ist vom 20. November 2019 bis zum 18. Januar 2020 zu sehen.

Ausgehend von den indischen und persischen Ursprüngen der Märchen zeichnet die Ausstellung orale Erzähltraditionen in der arabischen Welt ebenso nach wie die orientalische Schriftkultur sowie die facettenreiche europäische Rezeption in Übersetzungen, literarischen Werken und Buchkunst. Alte arabische Handschriften, seltene historische Drucke, illustrierte Prachtbände, Gebrauchsgrafik und aufwendig gestaltete Kinderbücher zeugen von einer über mehrere Jahrhunderte bestehenden, spannungsreichen und fruchtbaren Wechselbeziehung zwischen Orient und Europa. Im Foyer der Staatsbibliothek zu Berlin werden die Besucher*innen von den Video- und Audioinstallationen des Filmkünstlers Thomas Ladenburger empfangen.

Die Erzählsammlung "Tausendundeine Nacht"

Mehr als 300 Erzählungen gehören zum Umkreis von Tausendundeiner Nacht, die nie ein abgeschlossenes literarisches Werk darstellten. Es ist eine offene Sammlung von Geschichten, Fabeln und Märchen, auf deren Zusammensetzung mündliche Erzähltraditionen des Orients ebenso gewirkt haben wie spätere europäische Übersetzungen und Bearbeitungen.

Aus Indien und über Iran kommend, gab es eine erste arabische Version der Erzählsammlung im 8. Jahrhundert. Über die Zeit wurden viele weitere Geschichten in die Rahmenhandlung eingefügt, beispielsweise legendäre Ereignisse um den Bagdader Kalifen Harun ar-Raschid (gestorben 809) oder fantastische Geschichten aus Ägypten. Für einige der in Europa populärsten Erzählungen, wie diejenigen von Aladdin und Ali Baba, stellt die französische Ausgabe des Antoine Galland (erschienen zwischen 1704 und 1717) das älteste bekannte schriftliche Zeugnis überhaupt dar.

In der Folge von Gallands französischer Adaption wurden die Erzählungen von Tausendundeiner Nacht im Europa des 18. Jahrhunderts ausgesprochen populär. Sie prägten damals wie wohl kein anderes Werk die Vorstellungen des Abendlands vom Orient und inspirierten unzählige Autoren und Buchkünstler zu phantasievollen Interpretationen. Die Rahmenhandlung, in der Scheherazade durch ihre Erzählkünste den König Schahriyar von seiner grausamen Tötungsabsicht abbringt, ist nicht nur zu einem Sinnbild für eine starke und einfallsreiche Frau geworden, sondern ebenso zu einer Allegorie für die Macht des Erzählens.