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Sammlung der Nationalgalerie

Die Berliner Nationalgalerie ist, anders als viele andere Nationalgalerien in der Welt, als Museum für zeitgenössische Kunst gegründet worden. Der Ursprung liegt im Jahr 1861: In einer Schenkung des Konsuls und Bankiers Joachim Heinrich Wilhelm Wagener, der seine Sammlung zur aktuellen Kunst des 19. Jahrhunderts dem preußischen Staat vermachte. Bis heute der Gegenwart verpflichtet, umfasst die Sammlung der Nationalgalerie europäische und internationale Kunst vom 19. bis 21. Jahrhundert.

1876 zog dieser Grundstock des heutigen Bestandes in die neu erbaute, von Friedrich August Stüler konzipierte und von Heinrich Strack vollendete Nationalgalerie, die heutige Alte Nationalgalerie, ein. Rasch konnte sie unter den Direktoren Max Jordan und Hugo von Tschudi ihre Bestände durch Ankäufe und Schenkungen vergrößern und international bereichern. 1909 wurde Ludwig Justi zum Direktor der Nationalgalerie berufen. Er legte ab 1919 den Schwerpunkt seiner Erwerbungen auf den Expressionismus. Diese seinerzeit jüngste Kunst war als „Neue Abteilung der National-Galerie“ im Kronprinzen-Palais, Unter den Linden, zu sehen. Auf Initiative Justis entstand 1929 auch der Verein „Freunde der National-Galerie“.

Zeit des Nationalsozialismus und Wiederaufbau der Sammlung nach Kriegsende

1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Mehrzahl der Werke aus dem Kronprinzen-Palais als „entartete“ Kunst. Viele von ihnen wurden auf der gleichnamigen und dem Zweck der Diffamierung dienenden Münchner Ausstellung im selben Jahr gezeigt und anschließend veräußert. Die Abteilung im Kronprinzen-Palais wurde geschlossen. Mit Kriegsbeginn 1939 war auch das Hauptgebäude auf der Museumsinsel für die Öffentlichkeit gesperrt. Die verbliebenen Bestände wurden ab 1941 zum Schutz vor Bombenangriffen ausgelagert. Durch die Bombardierungen Berlins trug die Nationalgalerie 1944 schwere Schäden davon.

Ludwig Justi, den die Nationalsozialisten 1933 aus seinem Amt entlassen hatten, wurde im Jahr 1946 zum Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und 1950 erneut zum Direktor der Nationalgalerie auf der Museumsinsel in Ost-Berlin berufen und damit beauftragt, die Sammlung wieder aufzubauen. Bereits 1947 hatten Justi und Adolf Jannasch im Auftrag des Magistrats von Großberlin begonnen, eine Sammlung moderner Kunst für die ein Jahr später ins Leben gerufene „Galerie des 20. Jahrhunderts“ anzulegen.

Sammlung der Nationalgalerie während der Stadtteilung: Neugründung in West-Berlin und Erweiterung in Ost-Berlin

Die administrative Teilung der Stadt 1948 verhinderte weitere gemeinsame Aktivitäten. Jannasch wurde mit der Neugründung einer „Galerie des 20. Jahrhunderts“ in West-Berlin betraut.

1951 schenkte der Magistrat in Ost-Berlin zahlreiche, bis dahin für die „Galerie des 20. Jahrhunderts“ erworbene Werke der Nationalgalerie auf der Museumsinsel in Ost-Berlin. Gemeinsam mit der dort verbliebenen Sammlung wurde dieser Bestand nach Justis Amtszeit unter der Leitung von Vera-Maria Ruthenberg und Direktoren wie Willi Geismeier und Peter Betthausen bis 1990 um Kunst des 19. Jahrhunderts, der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, u.a. von Lovis Corinth, Otto Dix, Käthe Kollwitz und Oskar Nerlinger sowie um in der DDR entstandene Werke erweitert. Dazu fanden hier bedeutende Ausstellungen statt, mit Schwerpunkten zwischen Romantik und Expressionismus, etwa zu Karl Friedrich Schinkel, Adolph Menzel und Charlotte Berend Corinth.

1957 folgte in West-Berlin die Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie verwaltete die bei Kriegsende im Westen ausgelagerten Werke und baute im Laufe der Jahre einen neuen Museumskomplex auf. Die reduzierte Sammlung der Nationalgalerie in West-Berlin war zunächst an verschiedenen Orten provisorisch untergebracht. Mit der Eröffnung der Neuen Nationalgalerie 1968, dem letzten bedeutenden Bau des Architekten Ludwig Mies van der Rohe, konnten die Werke gemeinsam mit den nach 1949 erworbenen Beständen der „Galerie des 20. Jahrhunderts“ auf Dauer am Standort Kulturforum präsentiert werden. Werner Haftmann wurde zum ersten Direktor dieses Hauses berufen. Ihm gelang es, aus den zusammengeführten Beständen eine repräsentative Sammlung einzurichten und sie durch Ankäufe und ergänzende Ausstellungen wieder international bekannt zu machen. Haftmanns Biografie ist auch ein Beispiel für die Kontinuität der NS-Zeit in der Bundesrepublik: Wie viele andere im Kulturbetrieb oder Staatsdienst hatte er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wesentliche Aspekte seiner Aktivitäten für das nationalsozialistische Terror-Regime verschwiegen und verleugnet, weshalb sein Wirken in der Geschichte der Nationalgalerie aktuell wissenschaftlich untersucht wird. 1975 übernahm Dieter Honisch die Leitung des Museums in West-Berlin. Er entwickelte die Sammlung weiter, initiierte vereinzelte Rückkäufe und baute den Bestand an zeitgenössischer Kunst aus. Gemeinsam mit dem Berliner Rechtsanwalt Peter Raue gründete er 1977 den „Verein der Freunde der Nationalgalerie neu, der seitdem die Nationalgalerie mit entscheidenden Ankäufen und wichtigen Ausstellungen unterstützt.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands: Sammlungsbestände der Nationalgalerie in sechs Häusern

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands konnten 1992 die Sammlungen der Nationalgalerie im Ost- und Westteil Berlins zusammengeführt werden. Der Bestand umfasste nun über 6.000 Werke. So kam es 1993 zu einer Neuordnung der Nationalgalerie: Ihre Sammlungsbestände werden derzeit in sechs Häusern präsentiert, die in drei Stadtteilen Berlins liegen. Die Alte Nationalgalerie und die Friedrichswerdersche Kirche befinden sich in Mitte, die Neue Nationalgalerie und der Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Tiergarten, das Museum Berggruen und die Sammlung Scharf-Gerstenberg in Charlottenburg.

Berlin Mitte: Alte Nationalgalerie und Friedrichswerdersche Kirche

Die Alte Nationalgalerie ist Teil des UNESCO Welterbes Museumsinsel und konnte bis 2001 grundlegend restauriert und instand gesetzt werden. Sie beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen zur Kunst des sogenannten langen 19. Jahrhunderts vom Klassizismus und der Romantik bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts mit Schwerpunkten des Impressionismus und des Secessionismus. Seit Herbst 2020 ist die von Karl Friedrich Schinkel erbaute Friedrichswerderschen Kirche als Dependance der Alten Nationalgalerie mit einer Präsentation zu Bildhauerwerken von der Schinkelzeit bis zum Kaiserreich aus dem Bestand wiedereröffnet.

Berlin Tiergarten: Neue Nationalgalerie und Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart

Die Neue Nationalgalerie, zwischen 1965-1986 von Ludwig Mies van der Rohe erbaut, ist der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts gewidmet. Nach fast 50-jähriger Nutzung wurde das Gebäude, das weltweit als Architekturikone gilt, zwischen 2015 und 2020 durch David Chipperfield Architects umfassend saniert und modernisiert. Die ständige Erweiterung der Bestände des 20. und 21. Jahrhunderts und der Wunsch, die bedeutende Sammlung von Erich Marx in Berlin dauerhaft zu präsentieren, führte zum Umbau des Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, der als weiterer Ausstellungsort der Nationalgalerie 1996 eröffnet wurde. Zudem wurde hier seit 2004 die umfangreiche Friedrich Christian Flick Collection in den Rieckhallen in thematischen und monografischen Ausstellungen vorgestellt. Der Leihvertrag mit der Friedrich Christian Flick Collection endete zum 30. September 2021, jedoch verbleiben 268 Werke als Schenkung in der Sammlung der Nationalgalerie.

Berlin Charlottenburg: Museum Berggruen und Sammlung Scharf-Gerstenberg

Ebenfalls seit 1996 ist die Sammlung von Heinz Berggruen unter dem Titel „Picasso und seine Zeit“ im westlichen Stülerbau gegenüber dem Schloss Charlottenburg zu sehen. Der aus Berlin stammende und nach seiner Emigration 1936 den größten Teil seines Lebens in Paris ansässige Kunsthändler und Sammler hatte einen einzigartigen Bestand an Werken der klassischen Moderne zusammengetragen, der jenen der Nationalgalerie sinnvoll ergänzt. Im Jahr 2000 wurden 165 Werke bei Heinz Berggruen für die Nationalgalerie erworben. Gegenüber, im östlichen Stülerbau, wurde im Sommer 2008 mit der Sammlung Scharf-Gerstenberg ein Zentrum surrealistischer Kunst eröffnet. Die Ausstellung zeigt vor allem herausragende Werke des späten 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Erweiterungen der Nationalgalerie und ihrer Sammlungen

Die Erweiterungen der Sammlungen der Nationalgalerie wurden unter den Direktoren Peter-Klaus Schuster (1999 bis 2008) und Udo Kittelmann (2008 bis 2020) intensiv vorangetrieben. Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie bot für die ständig wachsenden Sammlungsbestände des 20. Jahrhunderts schließlich nicht mehr ausreichend Platz. Daher wurde im November 2014 per Bundestagsbeschluss ein Neubau für die Nationalgalerie am Kulturforum bewilligt: das „Museum des 20. Jahrhunderts“. Aus einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren ging im Oktober 2016 das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron als Gewinner hervor. 2021 hat die Ausführung des Baus begonnen, der in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre fertig gestellt werden soll.

Neubau am Kulturforum: Bestände zur Kunst des 20. Jahrhunderts

Im Neubau am Kulturforum  wird es erstmals möglich sein, die vielschichtigen Bestände der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts dauerhaft zu zeigen. Diese umfassen alle wesentlichen Kunstrichtungen Europas und Nordamerikas des 20. Jahrhunderts, darunter kunsthistorische Schlüsselwerke etwa des Expressionismus, der internationalen Konzeptkunst oder der Land Art sowie raumgreifende, multimediale Installationen. Ein besonderer Fokus wird auf der Kunstproduktion in Deutschland liegen, etwa auf künstlerischen Positionen wie „Neue Sachlichkeit“, „Zero“, der Kunst in der DDR sowie der Film- Video- und Medienkunst. Im Neubau wird die Sammlung Marx mit ihren Schwerpunkten auf Werken der US-amerikanischen und europäischen Kunst der 1960er- bis 1990er-Jahre zu sehen sein. Auch die Sammlung Ulla & Heiner Pietzsch mit Werken des Surrealismus und des Abstrakten Expressionismus wird dauerhaft präsentiert.

Das Kupferstichkabinett und die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin werden im Museumsneubau eigene Ausstellungsflächen mit grafischen Arbeiten, mit Plakat- und Buchkunst, Archivalien sowie Architekturmodellen des 20. Jahrhunderts bespielen.

Neben variabel angelegten Ausstellungsflächen wird ein großer Medien- und Veranstaltungssaal auch die Wiederaufführung von performativen Arbeiten und von Werken der Filmkunst ermöglichen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Verhältnis von Kunst und Musik, ein Aspekt, dem ebenfalls ein eigener Raum gewidmet ist.

In Preparation

Mit der Reihe „In Preparation“ gewährt die Nationalgalerie Einblicke in die kuratorischen und restauratorischen Vorbereitungen von zentralen Werken für den Neubau am Kulturforum.