Seit Sommer 2008 zeigt die Nationalgalerie die fantastischen Bestände der "Stiftung Sammlung Dieter Scharf zur Erinnerung an Otto Gerstenberg" im östlichen Stülerbau. Sie umfassen vornehmlich Kunst des Surrealismus – mit ihren Vorläufern und Nachfolgern. Dabei wird ein Bogen über 250 Jahre Kunstgeschichte gespannt: angefangen mit Werken von Giovanni Battista Piranesi, Francisco de Goya oder Victor Hugo über Vertreter des Symbolismus wie Odilon Redon, Max Klinger oder Alfred Kubin bis hin zu Hauptvertretern des Surrealismus, zu denen Salvador Dalí, Max Ernst oder René Magritte gehören. Mit Arbeiten Jean Dubuffets wird der Weg surrealistischer Kunst nach 1945 fortgesetzt.
Die Sammlung geht zurück auf den Gründer und Generaldirektor der Victoria-Versicherung Berlin, Otto Gerstenberg (1848–1935), der eine der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands aufgebaut hatte. Nachdem sein Interesse zunächst den alten Meistern, vor allem ihrem grafischen Schaffen – er besaß nahezu das vollständige druckgrafische Werk von Albrecht Dürer, Francisco de Goya und Rembrandt –, gegolten hatte, wandte er sich später dem französischen Impressionismus und der Kunst um 1900 zu. Neben Gemälden von Claude Monet, Alfred Sisley, Auguste Renoir oder Edgar Degas trug er das gesamte druckgrafische Werk von Henri Toulouse-Lautrec zusammen. Im Zweiten Weltkrieg stark dezimiert, ging die Sammlung 1961 an Otto Gerstenbergs Enkel Walther und Dieter Scharf über, die die Werke in ihre eigenen Kollektionen integrierten.
Zu den von Dieter Scharf (1926–2011) aus der Sammlung seines Großvaters geerbten Werken gehören Grafiken von Francisco de Goya, Charles Meryon und ein Lithografiezyklus von Édouard Manet. Dieter Scharf nahm sie zum Ausgangspunkt seiner eigenen Sammlung, die sich nicht allein auf die Klassiker des Surrealismus konzentriert. Mit über 300 Werken von mehr als fünfzig Künstlern bietet sie vielmehr ein chronologisch wie stilistisch breit gefächertes Universum einer Kunstrichtung, in der surreale und symbolistische Elemente eine besondere Rolle spielen. Dazu gehören Arbeiten von Berühmtheiten wie Pablo Picasso, Paul Klee oder Alberto Giacometti ebenso wie von weniger bekannten Künstlern, etwa Victor Brauner, Georges Hugnet oder Wolfgang Paalen, die unter Kennern als Geheimtipp gelten.