Tickets

Dosis und Auswirkung anthropogener Schadstoffe in Vitrinen (DoAaSch)

Untersuchung des Stofftransports in der Gasphase für die Optimierung passiver Ausstellungsvitrinen zur Erhaltung von Kulturgut

Von einer potenziellen Schädigung durch die Reaktion mit anthropogenen Schadstoffen in der Ausstellungsumgebung sind Objekte aus verschiedenen Materialien betroffen, darunter solche aus porösen, kalkhaltigen Materialien, Glas oder Metall. Das beantragte Vorhaben beschäftigt sich diesbezüglich mit dem weitverbreiteten Schadstoff Essigsäure. Durch die Bildung von Korrosionsprodukten, vorrangig Acetatsalzen, kann es zu Schädigung und Materialverlust kommen. Für viele museale Objekte bietet eine Vitrine Schutz vor Verschmutzung, Vandalismus oder Diebstahl. Darüber hinaus soll sie das wertvolle Ausstellungsgut vor ungeeignetem Klima und reaktiven Verbindungen schützen. Zu Letzteren gehören verschiedene anthropogene Schadstoffe wie beispielsweise Essig- und Ameisensäure oder Schwefeldioxid. Während geringe Luftwechselraten die in der Vitrine befindlichen Objekte vor einem Eintrag von Schadstoffen aus der Umgebung schützen, ermöglichen sie hohe Schadstoffkonzentrationen durch die der Vitrine inhärenten Schadstoffquellen, beispielsweise das verwendete Baumaterial oder Agenzien aus Altrestaurierungen. Essigsäure führt durch direkte Reaktion mit verschiedenen Materialien zur Korrosion, wobei die Aufnahme- und Reaktionsmechanismen sowie die Reaktionsprodukte für die betroffenen Materialklassen unterschiedlich sind.

Passive Vitrinen bieten gegenüber aktiven Vitrinen aus Gründen eines sicheren und nachhaltigen Betriebs, aber auch aus ökonomischer Sicht Vorteile. Ein Konditionierungsfach ermöglicht in passiven Vitrinen sowohl die Regulierung der relativen Luftfeuchtigkeit als auch die Reduktion von Schadstoffen durch Einbringung geeigneter Materialien, die durch eine hohe Reaktivität und Depositionsgeschwindigkeit Schadstoffe schneller aufnehmen als die Objekte. Aus Gründen der Ästhetik sind häufig kleine Austauschflächen zwischen Präsentations- und Konditionierungsfach gewünscht, was sich jedoch negativ auf den Stofftransport und die Einstellung des Transportgleichgewichts und folglich auf die Wirksamkeit der Konditionierungsmittel auswirkt. Es ist also trotz vermeintlicher Schutzmaßnahmen möglich, dass Objekte hohen Schadstoffkonzentrationen ausgesetzt bleiben.

Das zentrale Ziel des beantragten Vorhabens ist die Betrachtung der Korrosionsprozesse in Abhängigkeit der Beschaffenheit der Vitrine, darin befindlicher Schadstoffsorbentien und der Klima- und Schadstoffbedingungen. In Untersuchungen zu den zugrundeliegenden Schädigungsmechanismen für verschiedene Materialien bei diversen Bedingungen soll zunächst die Schadstoffwirkung in Abhängigkeit der Konzentration betrachtet werden. Dazu wird die Aufnahme von Essigsäure zeitabhängig für verschiedene Sorber- und Exponatmaterialien untersucht, um die Depositionsgeschwindigkeiten zu vergleichen und mögliche zeitliche Änderungen der Acetat-Affinität zu erfassen. Die Effektivität passiver Vitrinen soll weiterhin anhand einer neuartigen Kennzahl zur Beschreibung des Luftaustauschs zwischen Präsentations- und Konditionierungsraum bewertet werden. Eine derartige Kennzahl stellt einen Mehrwert beim Vergleich verschiedener Vitrinen dar und bietet sowohl Produzenten als auch Anwendern Vorteile durch eine klarere Produktspezifizierung. Letztlich werden die Ergebnisse zur Kennzahl und zur Schadenswirkung sowie -affinität von Sorbermaterialien zur Durchführung von Versuchen mit Modellvitrinen zusammengeführt. Es soll festgestellt werden, welche baulichen Veränderungen der passiven Vitrine zu einer Verbesserung der Bedingungen im Präsentationsraum beitragen können.

Schließlich soll das Vorhaben durch Betrachtung der dynamischen Prozesse (Stofftransport und Schadstoffdeposition) und deren gegenseitige Beeinflussung neue und wichtige Beiträge zum Objektschutz vor anthropogenen Schadstoffen leisten, von denen sämtliche museale Einrichtungen und Vitrinenhersteller profitieren können. Trotz des Fokus auf Essigsäure lassen sich die Konzepte auch auf andere Schadstoffe übertragen, so dass nach Projektabschluss analoge Erkenntnisse mit verringertem Aufwand erarbeitet werden können.


Projektleitung: Rathgen-Forschungslabor, Staatliche Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Kooperation: Universität Hamburg
Förderung: DBU
Laufzeit: 2021 bis 2024