07.02.2024
bis
11.02.2024
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart
Die Künstlerin und Aktivistin Tania Bruguera zeigt ihre Performance „Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours Reading The Origins of Totalitarianism)”, eine 100-stündige Lesung von Hannah Arendts „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart. Künstler*innen, Theoretiker*innen, Aktivist*innen und Besucher*innen lesen in der Historischen Halle des Museums ununterbrochen, Tag und Nacht, vom Mittwoch, 7. Februar 2024, 19 Uhr, bis Sonntag, 11. Februar 2024, 23 Uhr, das Hauptwerk der politischen Theoretikerin. Brugueras erste Aufführung der Performance im Mai 2015 in Kuba führte zu ihrer Inhaftierung durch die kubanischen Behörden. Der Hamburger Bahnhof zeigt nun die europäische Erstaufführung.
Der Eintritt zur Performance ist frei.
Über die Dauer von 100 Stunden ist die Historische Halle des Hamburger Bahnhof ununterbrochen für die Besucher*innen bei freiem Eintritt geöffnet: Die kubanische Künstlerin Tania Bruguera (geboren 1968) liest aus Hannah Arendts (1906-1975) Buch „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ (Orig. „The Origins of Totalitarianism“, 1951). Arendts 1951 veröffentlichte Geschichte und Theorie des Totalitarismus, die sich mit den komplexen Themen Totalitarismus und Imperialismus, Antisemitismus und Rassismus, ist auch heute noch von großer Aktualität. Bruguera wechselt sich beim Lesen (auf Deutsch und Englisch) mit Personen des öffentlichen Lebens, Theoretiker*innen aus verschiedenen Wissensgebieten, Künstler*innen aus unterschiedlichen Sparten und Menschen aus der Nachbarschaft des Museums ab, um gemeinsam über Macht und Gewalt, Pluralität und Moral, Politik und Wahrheit nachzudenken und das Werk mit ihr und dem Publikum zu diskutieren.
Erstmals aufgeführt wurde die Performance „Where Your Ideas Become Civic Actions (100 Hours of Reading The Origins of Totalitarianism)“ 2015 in Brugueras Haus in Havanna als die Künstlerin aufgrund politischen Drucks von der Teilnahme an der Biennale von Havanna ausgeschlossen wurde. Bruguera und rund 50 weitere Personen, die ihre Solidarität gegen Zensur und Repression bekundeten, lasen 100 Stunden durchgehend aus Arendts Hauptwerk und analysierten und diskutierten es mit dem anwesenden Publikum. Die Lesung wurde mit Lautsprechern auf die Straße übertragen und aufgezeichnet. Die kubanischen Behörden reagierten, indem sie die Lesung mit Presslufthämmern vor Brugueras Haus übertönten. Die Lesung endete in einer Festnahme Brugueras für mehrere Stunden durch die kubanischen Behörden. Aus der Lesung entstand das Kollektiv INSTAR – Instituto de Artivismo Hannah Arendt in Kuba, das 2021 mit dem Arnold-Bode-Preis der Stadt Kassel ausgezeichnet wurde und mit dem Tania Bruguera 2022 an der documenta fifteen teilnahm.
Die jüdische deutsch-amerikanische politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt gehört heute zu den meistgelesenen Denker*innen des 20. Jahrhunderts. Geboren 1906 in Deutschland, wurde sie 1933 von den Nationalsozialisten in Berlin inhaftiert, bevor ihr von dort über Prag und Paris die Emigration in die Vereinigten Staaten gelang, wo sie ihre wegweisenden Ideen entwickelte. Ihre Analysen zu Macht, Totalitarismus und Freiheit prägten das Verständnis politischer Prozesse. Arendt betonte die Bedeutung von Handeln und Engagement in der Gesellschaft und das Streben nach politischer Teilnahme für eine lebendige Demokratie. Arendts Kritik an Entmenschlichung in totalitären Systemen und ihre Betonung persönlicher Verantwortung prägen weiterhin Diskussionen über Machtstrukturen, Freiheit und bürokratische Mechanismen. Ihre Arbeiten sind auch heute noch essentiell für Debatten über Verantwortung, Bürgerschaft und die Grundlagen demokratischer Gesellschaften.
In ihrem Buch „The Origins of Totalitarianism“ (1951) (1955 in deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“) analysiert Hannah Arendt die Entstehung von Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Sie untersucht die ideologischen Grundlagen von Diktaturen und totalitären Regimen, insbesondere den Nationalsozialismus und Stalinismus. Arendt beleuchtet dabei die Mechanismen der Unterdrückung von Freiheit und Entmenschlichung, die in solchen Systemen eine zentrale Rolle spielen, und betont die Bedeutung von bürokratischen Strukturen für die Ausübung totaler Macht. Ihr Werk ist ein Schlüsseltext für das Verständnis der politischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts und wirft weiterhin relevante Fragen zu Entstehung und Gefahren totalitärer Herrschaft auf.
Tania Bruguera (geboren 1968 in Havanna, Kuba) lebt derzeit in Cambridge, MA, Vereinigte Staaten, und lehrt dort an der Harvard University. Von ihren frühen intimen Performances bis hin zu ihren heutigen großangelegten interaktiven Situationen sind Tania Brugueras Werke an der Schnittstelle von Kunst und Politik angesiedelt. Die Künstlerin und Aktivistin versteht sich dabei vor allem als Initiatorin, wenn sie mit Institutionen und Menschen als Kooperationspartner*innen und Teilnehmenden arbeitet. Kunst bedeutet ihr emanzipatorische Kraft und Mittel, um die Zivilgesellschaft zu stärken und Veränderungen herbeizuführen. Gesellschaftlich relevante Kunst zu machen ist für sie kein Event, sondern eine Lebensentscheidung. Und oftmals hat die aus Kuba stammende Künstlerin ihre Freiheit und Sicherheit dafür aufs Spiel gesetzt.
Bruguera war mit ihren Arbeiten u.a. auf der documenta, Performa, Venedig Biennale, Gwangju Biennale, Istanbul Biennale, Shanghai Biennale vertreten und hatte Ausstellungen u.a. in Tate Modern, London, Whitechapel Art Gallery, London, MoMA PS1, New York, Kunsthalle Wien, Centre Pompidou, Paris, The New Museum, New York. Werke von Tania Bruguera befinden sich in internationalen Sammlungen, darunter im Centre Pompidou, Paris, The Museum of Fine Arts, Houston, The Museum of Modern Art, New York, Salomon R. Guggenheim Museum, New York, Tate Modern, London. 2015 gründete sie zusammen mit einer Gruppe von Aktivist*innen das Instituto de Artivismo Hannah Arendt (INSTAR). Im Jahr 2021 erhielt Bruguera gemeinsam mit INSTAR den Arnold-Bode-Preis.
An der Performance können Sie teilnehmen als:
Häufige Fragen zur Teilnahme an der Performance (PDF, 271 KB)
Die Ausstellung wird kuratiert von Alice Koegel, Kuratorin im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart.
Die Ausstellung wird ermöglicht durch die Peter und Irene Ludwig Stiftung.
Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
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Preise / Tickets
Eintritt frei
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