Das Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin setzt in seiner programmatischen Arbeit einen expliziten Schwerpunkt auf transkulturelle Kooperationen. In dem großangelegten Projekt „Das Kollaborative Museum“ (CoMuse) entwickelt es bis Ende 2025 gemeinsam mit dem Ethnologischen Museum multiperspektivische Ansätze zur Erforschung der Sammlungen und erprobt neue Formate der Zusammenarbeit mit einer internationalen Museums- und Wissenschaftscommunity sowie mit Vertreter*innen der Urhebergesellschaften. In den cultural belongings materialisierte Beziehungen zwischen dem Museum und ihren Urhebergesellschaften werden neu aktiviert, auf sensible und für alle Beteiligten gerechte Art und Weise. Ziel ist es, die Dekolonisierung und Diversifizierung der Museumspraxis nachhaltig zu intensivieren.
Um diese gemeinsame Initiative zu verwirklichen, haben die Museen neue Projekte, Partnerschaftsnetzwerke und ein Stipendienprogramm ins Leben gerufen. Der Fokus liegt auf kollaborativer Provenienzforschung und Wissensproduktion, gemeinsam produzierten Ausstellungen, Outreach-Formaten und Kunstinterventionen. CoMuse zielt auch darauf ab, den Zugang zu Sammlungen zu verbessern und Materialien für eine kritische Prüfung zu digitalisieren.
Das Museum für Asiatische Kunst orientiert sich in seinen Praktiken des Sammelns, Präsentierens, Bewahrens und Vermittelns an in den Urhebergesellschaften geltenden Kunst- und Wissenschaftstraditionen, Theorien und Wertmaßstäben. Dabei stehen die visuellen Kulturen und Künste stets im Zentrum. Zeitgenössische künstlerische Positionen leisten einen entscheidenden, oftmals kritischen Beitrag zur Ergänzung und kritischen Befragung der Sammlungen. Bei der Zusammenarbeit mit Künstler*innen legt das Museum für Asiatische Kunst seinen Schwerpunkt auf Positionen aus den jeweiligen Herkunftskulturen, öffnet seine Sammlungen aber auch allgemein für Personen, die sich mit den Themen und im Haus bewahrten Objekten beschäftigen.
Im musealen Umgang mit den cultural belongings herrscht als Folge kolonialer und anderer gewaltvoller Aneignungsgeschichten und der Musealisierung im westlichen Sinne nach wie vor ein Ungleichgewicht. Neuverhandlungen von Deutungs- und auch Verfügungshoheit über die Objekte sind Teil des allgemeinen Paradigmenwechsels und werden von den Museen proaktiv verfolgt.
Dekolonisierung ist für CoMuse von zentraler Bedeutung im Umgang mit den Sammlungen der beiden Museen. Es geht darum, die kolonialen Strukturen, Narrative, Machtdynamiken und Praktiken, die diese Institutionen historisch geprägt haben, zu hinterfragen und abzubauen. Dazu zählt auch die Neubewertung der Art und Weise, wie Objekte bewegt, gesammelt, ausgestellt, beschriftet und interpretiert werden. Ziel ist es, in den Museen eine Vielzahl von Perspektiven und Identitäten einzubeziehen, eine möglicherweise ausgrenzende oder voreingenommene Sprache in Frage zu stellen, die Beiträge historisch marginalisierter Gemeinschaften und kultureller Gruppen anzuerkennen und zu wertschätzen sowie vielfältige Geschichten zu erzählen.
Viele Kooperationen erweitern das Verständnis für die Komplexität globaler Verflechtungen und ermöglichen einen zeitgemäßen und zukunftsorientierten Umgang mit den „Cultural Belongings“. Dies schließt intensive Aushandlungsprozesse mit ein, die unterschiedliche Interessen, vielfältige Wissenspraktiken und globale Ungleichgewichte berücksichtigen und vor Restitutionen nicht haltmachen.
Der getroffene Konsens für die jeweilige Zusammenarbeit wird von allen Mitarbeiter*innen des Museums für Asiatische Kunst mit Engagement und Respekt mitgestaltet und mitgetragen. Gemeinsam strebt die Belegschaft an, die Bestände und deren Geschichte transparent zu machen und mit einer breiten Öffentlichkeit zu teilen.
Wesentlicher Bestandteil des Projekts „Das Kollaborative Museum“ ist ein Fellowship-Programm, das sich an internationale Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Community-Vertreter*innen und Kulturschaffende weltweit richtet. Es stellt Stipendien zur wissenschaftlichen oder künstlerischen Forschung zur Verfügung und bietet Fellows die Möglichkeit, sich im Rahmen ihrer Arbeit kritisch mit den Sammlungen und ihren Bedeutungskontexten auseinanderzusetzen. Die Fellows sind eingeladen, eigene Forschungsansätze zu erproben, Interventionen im Bereich der Zeitgenössischen Kunst zu entwickeln und in Zusammenarbeit mit den Kurator*innen neue Impulse für die transkulturelle Museumsarbeit zu setzen. Im Fokus stehen größtmögliche Transparenz und die Eröffnung neuer Zugänge, ebenso wie eine Diversität an Disziplinen, Akteuren, kulturellen Perspektiven und Stimmen. Das CoMuse-Fellowship-Programm fördert insbesondere Nachwuchswissen-schaftler*innen und aufstrebende Künstler*innen in ihrer professionellen Weiterentwicklung.
Das Museum für Asiatische Kunst erkennt den Wert der Sammlungsbestände für die Weltgemeinschaft und ihre Herkunftsgemeinschaften an. Die sogenannten „Objekte“ oder „Ausstellungsstücke“ sind nicht auf bloße Dinge oder Artefakte zu reduzieren, sondern als „Cultural Belongings“ anzuerkennen. Sie vermitteln Beziehungen zwischen Menschen, Orten, kulturellen und künstlerischen Praktiken, die sich auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beziehen.