Symposium „Sture Muster: Kolonialnarrative in der Bildwerbung“

Gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Museum veranstaltet die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin am 21. und 22. November 2025 das Symposium „Sture Muster: Kolonialnarrative in der Bildwerbung“ im Vortragssaal am Kulturforum.

Werbung durchzieht die moderne Lebenswelt: Täglich werden wir mit bunten Bildern überflutet, die zum Konsum animieren sollen. Sie brennen sich ins kollektive Gedächtnis und bedienen als Motivfundus eine zentrale Werbestrategie: Wiedererkennung. Sich permanent selbst zitierend, perpetuiert Bildwerbung visuelle Muster, die oft bis zu ihren Anfängen vor 150 Jahren zurückreichen – zu einer Epoche also, die in Europa und Nordamerika von imperialistischem Denken und Handeln geprägt war. Der neue Alltagsluxus, den der Frühkapitalismus hier brachte, basierte auf weltweitem Importhandel und ausbeuterischer Rohstoffgewinnung in kolonisierten Ländern. 

Ein Forschungsprojekt der Kunstbibliothek hat gezeigt, wie stark frühe Reklame kolonialistische Praxis spiegelt, ebenso wie die wachsende Sehnsucht nach „Exotik“ und der weiten Welt, die mit Kultur- und Freizeitangeboten von Zoo, Völkerschau und Museum bis hin zur Fernreise befriedigt wurde. Beides – globale Warenpalette und expansiver Kulturkonsum – findet sich noch heute in Bildwelten und Narrativen der Werbung, in der weiterhin Kaffeebauern gegen ihre Unterbezahlung anlächeln und Kreuzfahrtschiffe an weißen Palmenstränden anlegen. Auch exotisierende, sexualisierte, diskriminierende und rassistische Stereotype haben sich hartnäckig als Überbleibsel einer kolonialistischen Bildsprache gehalten, etwa in Form von „Schoko-Magiern“ mit Turban oder spärlich bekleideten „Hula-Tänzerinnen“.

Symposium

Das zweitägige Symposium spürt den Ursprüngen kolonialer Narrative in Bildwerbung aus der Hochphase des Kolonialismus um 1900 sowie ihren Entwicklungen im 20. und 21. Jahrhundert nach. In etwa zwölf Vorträgen werden Evidenzen kolonialer Kontexte in internationalen bildbasierten Werbemedien der 1860er- bis 2020er-Jahre analysiert:

  • Wie werden (post)koloniale Theorie und Praxis in visuelle Narrative der Werbung übertragen, welche Muster und Tropen kommen dabei zum Einsatz?
  • Wann, wo und wie entstehen Bildformeln, die Machtstrukturen und hierarchische Vorstellungen von weißer Überlegenheit ausdrücken?
  • Wie lassen sich Rassismus, Diskriminierung, Objektivierung, Sexualisierung und Exotismus decodieren, welche Entstehungskontexte stehen jeweils dahinter?
  • Wie steht es mit zeitgleichen Bildproduktionen in ehemals kolonisierten Ländern?
  • Wie erklärt sich das lange und wirkmächtige Nachleben von Stereotypen? Was sagen Kontinuitäten von Bildmustern über die globalen Zusammenhänge von imperialistischem Kolonialismus und zeitgenössischem Kapitalismus aus?
  • Wie kann künstlerische und aktivistische Intervention in Prozessen der Sichtbarmachung und Evaluation mitwirken? 

Der Schwerpunkt liegt auf der Frage nach Kontinuitäten: Jeder Vortrag führt Beispiele aus der zeitgenössischen Werbelandschaft an, um Historisches auf sein Fortwirken hin zu beleuchten. Auch bewusste Brüche mit dem Fortschreiben unreflektierter Muster können thematisiert werden. Zwei Podiumsdiskussionen bringen weitere aktuelle, auch gesellschaftliche Perspektiven ins Spiel. Damit werden die tiefgreifenden Effekte und Nachwirkungen des Kolonialismus in der visuellen Kommunikation dargestellt und ein Beitrag zur dekolonialen Auseinandersetzung mit Sammlungsgut und Alltagskultur geleistet.

Stadtspuren und Videokunst

Den Auftakt des Symposiums bilden drei Ortsbesuche, die Spuren kolonial geprägter Bildwerbung oder Firmenkommunikation im öffentlichen Raum nachgehen und Perspektiven von außerhalb des eurozentrischen Narrativs einbringen. Berlin – als Großstadt mit kolonialistischer Vergangenheit – ist für eine solche Spurensuche besonders geeignet. Ein Videokünstler wird die Rundgänge sowie das Symposium mit der Kamera begleiten und in einer dokumentarisch-künstlerischen Arbeit verarbeiten. Ortsbesuche und Film werden in Zusammenarbeit mit der Kompetenzstelle DeKolonisierung und dem Erinnerungsort Kolonialismus der Stiftung Stadtmuseum entwickelt.

Call for Papers

Forschende aller relevanten wissenschaftlichen und praktischen Disziplinen sind herzlich eingeladen, einen 20-minütigen Vortrag einzureichen. Das Bewerbungsformular für Proposals und aktuelle Informationen (PDF, 100 KB) steht zum Download bereit. Einsendeschluss ist der 1. September 2025.

Teilnahme

Das Symposium „Sture Muster: Kolonialnarrative in der Bildwerbung“ findet am 21. und 22. November 2025 in deutscher und englischer Sprache statt (Simultanübersetzung). Es handelt sich um eine Präsenzveranstaltung (ohne Stream/Aufzeichnung). Die Teilnahme ist kostenfrei und nur nach vorheriger Anmeldung möglich.

Anmeldezeitraum

10. September bis 18. November 2025 (bzw. solange Plätze verfügbar sind)
Per E-Mail an kolonialnarrative[at]smb.spk-berlin.de

Anmeldungen werden erst ab dem 10. September berücksichtigt – bitte nicht vorher einsenden!

Veranstaltungsort

Vortragssaal im Kulturforum
Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz / Matthäikirchplatz, 10785 Berlin

Das Symposium wird veranstaltet von der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin und dem Deutschen Historisches Museum, in Zusammenarbeit mit der Stiftung Stadtmuseum

Wissenschaftliches Team

Dr. Christina Thomson | Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin
Matthias Struch | Deutsches Historisches Museum
Dr. Ibou Coulibaly Diop | Stadtmuseum, Erinnerungsort Kolonialismus
Dr. Lorraine Bluche | Stadtmuseum, Kompetenzstelle DeKolonisierung

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an kolonialnarrative[at]smb.spk-berlin.de