Gemeinsam mit dem Deutschen Historischen Museum veranstaltet die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin am 21. und 22. November 2025 das Symposium „Sture Muster: Kolonialnarrative in der Bildwerbung“ im Vortragssaal am Kulturforum, simultan auf Deutsch und Englisch.
Moderation: Miriam Camara
9:30 Uhr Registrierung
10 Uhr Eröffnende Grußworte von Moritz Wullen (Direktor der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin) und Fritz Backhaus (Abteilungsdirektor Sammlungen, Deutsches Historisches Museum)
10:10 Uhr Einführung zu den Stadttouren | Ibou Coulibaly Diop und Lorraine Bluche (Stiftung Stadtmuseum Berlin)
10:30 Uhr Stadttouren: Koloniale Bildwelten im öffentlichen Raum
In drei Stadttouren gehen Teilnehmer*innen des Symposiums Spuren kolonial geprägter Bildwerbung und Firmenkommunikation im Berliner Stadtraum nach – so etwa am U-Bahnhof Afrikanische Straße und am Ermelerhaus, benannt nach dem ehemaligen Tabakfabrikanten Wilhelm Ferdinand Ermeler (1784–1866). Die Touren werden geleitet von Akteur*innen zivilgesellschaftlicher Initiativen und Vereine, darunter Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e. V. (ISD-Bund e. V.), Berlin Postkolonial e. V. und RomaTrial e. V. Sie alle setzen sich seit langem für die Sichtbarmachung marginalisierter Perspektiven auf die deutsche Kolonialgeschichte ein.
14 Uhr Christina Thomson (Sammlungsleiterin Grafikdesign, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin) | „Das war eben so.“ Einführung (Deutsch)
14:20 Uhr Matthias Struch (Sammlungsleiter Plakate und Postkarten, Deutsches Historisches Museum) | Gesammelte Geschichte (Deutsch)
14:30 Uhr Julia Arens (Grafikdesignerin, Berlin) | Stereotypographie: „Koloniale“ Schriften in der Lebensmittelwerbung, 1890–2025 (Deutsch)
15 Uhr Joël Zouna Touomou (Kunsthistoriker, Université Paris Sciences et Lettres/Technische Universität Berlin) | „You the superstar, I‘m the stage“: Koloniale Vorstellungswelten und die Ökonomie weiblicher Schwarzer Körper (Englisch)
16 Uhr Birgit Haehnel (Kunst- und Textilwissenschaftlerin, Universität Osnabrück) | Textile Konstruktionen weißer Dominanz in der Werbung (Deutsch)
16:30 Uhr Bryel Kerkhoff-Parnell (ERIF – the European Race and Imagery Foundation) | Auf den Spuren von Zwarte Piet: Eine Chronologie der Blackfacing-Ausbeuterei (Englisch)
17 Uhr Joachim Zeller (Historiker, Berlin) | Koloniale Reklamesammelbilder: Bilder, die lügen (Deutsch | Digital)
Moderation: Miriam Camara
9:30 Uhr Registrierung
10 Uhr Franziska Bolz (Ethnologin und Kunsthistorikerin, Universität Koblenz) | Grüne Mitbewohner mit Kompass: Ein Zimmerpflanzen-Verkaufsdisplay im Baumarkt (Deutsch)
10:30 Uhr Erna Anderson (Amerikanistin und Autorin, Berlin) | „Köstlicher Orient“ in der zeitgenössischen schwedischen Werbung (Englisch)
11:30 Uhr Navneet Pratap (Historiker, University of Delhi) | Werben für das Empire: Visuelle Kultur und die Entstehung des kolonialen Indiens (Englisch)
12 Uhr Katrin Peters-Klaphake (Leiterin der Sammlung Fotografie, Deutsches Historisches Museum, Berlin) | Faszinierender (Neo-)Kolonialismus? Ambivalente Affekte in der Produktion und Wahrnehmung von Werbebildern (Deutsch)
14 Uhr Fabian Lehmann (Kulturwissenschaftler, Hochschule für Musik und Theater, Hamburg) | Generativ, kreativ, konservativ: Künstliche Intelligenz als Spiegel exotisierender Bildsprache (Deutsch | Digital)
14:20 Uhr Nuno Grancho (Stadtplaner und Architekturhistoriker, Universidade de Lisboa) | Aneignung und Jenseitsvermarktung: Koloniale Gewalt in der Goa-Werbung (Englisch)
14:50 Uhr Fernando Hage Soares (Kunstwissenschaftler, Berlin/Fundação Armando Alvares Penteado, São Paulo) | Souvenirs aus Brasilien: Koloniale Ursprünge einer nationalen Marke (Englisch)
16 Uhr Minhee Seefried-Park (Kunsthistorikerin, Freie Universität Berlin) | Vermeintlich authentisch: Imperialistische Fremdbilder Koreas im Rahmen des japanischen Orientalismus (Deutsch)
16:30 Uhr Richard Tsogang Fossi (Germanist, Université de Dschang/Technische Universität Berlin) | Was Kolonialbilder uns verbergen und doch offenbaren! Ein Auswuchs aus dem Sukkulentenhaus in Berlin 1914 (Deutsch)
17 Uhr Podiumsdiskussion | Moderation: Ibou Coulibaly Diop
Werbung durchzieht die moderne Lebenswelt: Täglich werden wir mit bunten Bildern überflutet, die zum Konsum animieren sollen. Sie brennen sich ins kollektive Gedächtnis und bedienen als Motivfundus eine zentrale Werbestrategie: Wiedererkennung. Sich permanent selbst zitierend, perpetuiert Bildwerbung visuelle Muster, die oft bis zu ihren Anfängen vor 150 Jahren zurückreichen – zu einer Epoche also, die in Europa und Nordamerika von imperialistischem Denken und Handeln geprägt war. Der neue Alltagsluxus, den der Frühkapitalismus hier brachte, basierte auf weltweitem Importhandel und ausbeuterischer Rohstoffgewinnung in kolonisierten Ländern.
Ein Forschungsprojekt der Kunstbibliothek hat gezeigt, wie stark frühe Reklame kolonialistische Praxis spiegelt, ebenso wie die wachsende Sehnsucht nach „Exotik“ und der weiten Welt, die mit Kultur- und Freizeitangeboten von Zoo, Völkerschau und Museum bis hin zur Fernreise befriedigt wurde. Beides – globale Warenpalette und expansiver Kulturkonsum – findet sich noch heute in Bildwelten und Narrativen der Werbung, in der weiterhin Kaffeebauern gegen ihre Unterbezahlung anlächeln und Kreuzfahrtschiffe an weißen Palmenstränden anlegen. Auch exotisierende, sexualisierte, diskriminierende und rassistische Stereotype haben sich hartnäckig als Überbleibsel einer kolonialistischen Bildsprache gehalten, etwa in Form von „Schoko-Magiern“ mit Turban oder spärlich bekleideten „Hula-Tänzerinnen“.
Das zweitägige Symposium spürt den Ursprüngen kolonialer Narrative in Bildwerbung aus der Hochphase des Kolonialismus um 1900 sowie ihren Entwicklungen im 20. und 21. Jahrhundert nach. In fünfzehn Vorträgen werden Evidenzen kolonialer Kontexte in internationalen bildbasierten Werbemedien der 1860er- bis 2020er-Jahre analysiert:
Der Schwerpunkt liegt auf der Frage nach Kontinuitäten: Jeder Vortrag führt Beispiele aus der zeitgenössischen Werbelandschaft an, um Historisches auf sein Fortwirken hin zu beleuchten. Auch bewusste Brüche mit dem Fortschreiben unreflektierter Muster können thematisiert werden. Eine Podiumsdiskussion bringt weitere aktuelle, auch sammlungsrelevante und gesellschaftliche Perspektiven ins Spiel. Damit werden die tiefgreifenden Effekte und Nachwirkungen des Kolonialismus in der visuellen Kommunikation dargestellt und ein Beitrag zur dekolonialen Auseinandersetzung mit Sammlungsgut und Alltagskultur geleistet.
Den Auftakt des Symposiums bilden drei Ortsbesuche, die Spuren kolonial geprägter Bildwerbung oder Firmenkommunikation im öffentlichen Raum nachgehen und Perspektiven von außerhalb des eurozentrischen Narrativs einbringen. Berlin – als Großstadt mit kolonialistischer Vergangenheit – ist für eine solche Spurensuche besonders geeignet. Ein Videokünstler wird die Rundgänge sowie das Symposium mit der Kamera begleiten und in einer dokumentarisch-künstlerischen Arbeit verarbeiten. Ortsbesuche und Film werden in Zusammenarbeit mit der Kompetenzstelle DeKolonisierung und dem Erinnerungsort Kolonialismus der Stiftung Stadtmuseum entwickelt.
Das Symposium „Sture Muster: Kolonialnarrative in der Bildwerbung“ findet am 21. und 22. November 2025 in deutscher und englischer Sprache statt (Simultanübersetzung). Es handelt sich um eine Präsenzveranstaltung (ohne Stream/Aufzeichnung). Die Teilnahme ist kostenfrei und nur nach vorheriger Anmeldung möglich.
10. September bis 18. November 2025 (bzw. solange Plätze verfügbar sind)
Per E-Mail an kolonialnarrative[at]smb.spk-berlin.de
Vortragssaal im Kulturforum
Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz / Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
Das Symposium wird veranstaltet von der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin und dem Deutschen Historisches Museum, in Zusammenarbeit mit der Stiftung Stadtmuseum.
Dr. Christina Thomson | Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin
Matthias Struch | Deutsches Historisches Museum
Dr. Ibou Coulibaly Diop | Stadtmuseum, Erinnerungsort Kolonialismus
Dr. Lorraine Bluche | Stadtmuseum, Kompetenzstelle DeKolonisierung
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an kolonialnarrative[at]smb.spk-berlin.de