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Die Sichtbarmachung des Sichtbaren – Berlins typografisches Kulturerbe im Open Access

Druckschriften werden in ihrer lebensweltlichen Gegenwart allzu häufig übersehen. Das Gemeinschaftsvorhaben der Berliner Sammlungen will der Typografie zu mehr Sichtbarkeit verhelfen. Dazu sollen historische Schriften in unterschiedlichen materialen Erscheinungsformen – als Schriftmusterbücher sowie als Andrucke von Blei-, Holz- und Kunststofftypen – erschlossen, digitalisiert und im Open Access zugänglich gemacht werden.

Galt im 19. Jahrhundert Leipzig als unangefochtenes Zentrum der deutschen Buchindustrie, verschob sich der Schwerpunkt dieser Branche mit der Reichsgründung nach Berlin. Von besonderer Bedeutung ist die 1858 in Kreuzberg gegründete und erst 1993 vom Markt verschwundene H. Berthold AG, die durch Übernahme zahlreicher konkurrierender Unternehmen bis zum Ende der Weimarer Republik zu einer der größten Schriftgießereien der Welt aufsteigen sollte. Sie prägte die einflussreiche Gestaltungsrichtung des International Typographic Style – nicht zuletzt dank ihrer Kooperation mit dem Staatlichen Bauhaus.

Rund 400 Schriftproben von Berliner Gießereien für den Akzidenz- und Buchdruck aus der Zeit vor 1951 sollen erschlossen werden. Zudem wird eine Auswahl von Andrucken von Holz-, Kunststoff- und vor allem Bleilettern aus Berliner Gießereien digitalisiert. Insgesamt 120 Schnitte der fünf erfolgreichsten Schriftfamilien der H. Berthold AG (Akzidenz-Grotesk, Berliner Grotesk, Block, Lo-Schrift und Fanfare) sind dann verfügbar. Die Digitalisierung umfasst auch die Nutzbarmachung in Form von frei zugänglichen Computerschriften zur Weiterentwicklung. Denn zahlreiche Schriften sind von historischen Vorlagen inspiriert – zum Beispiel die 2018 vom Schöneberger Designbüro LucasFonts auf Basis von Bertholds Akzidenz-Grotesk aus dem Jahr 1898 gestaltete Hausschrift des Autoherstellers Volvo. Die „Sichtbarmachung des Sichtbaren“ steht damit für die Materialitätsforschung und die kreative Arbeit mit dem historischen Schrifterbe Berlins.


Wissenschaftliches Team: Peter Schwirkmann, Kerstin Wallbach, Prof. Dr. h.c. Erik Spiekermann, Dr. Christian Mathieu, Dr. Michael Lailach
Kooperationspartner: Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Erik Spiekermann Foundation, Staatsbibliothek zu Berlin -Preußischer Kulturbesitz, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin
Gefördert durch: digiS
Laufzeit: 2021
Projektwebsite: www.digis-berlin.de