„Richtkräfte Restaurieren“ – dies ist der Titel des 2013 durchgeführten öffentlichen Restaurierungsprojektes. Die aus einer Performance entstandene Installation „Richtkräfte einer neuen Gesellschaft“ (1974–77) von Joseph Beuys ist eines der Hauptwerke der Sammlung der Nationalgalerie.
Wie unterscheidet man bei einem Performance-Relikt, das zu einer Skulptur geworden ist, Werkspuren von Schäden? Mit dieser Frage sahen sich die Restauratorinnen und Restauratoren des Hamburger Bahnhofs konfrontiert. Um den Referenzstatus der Tafeln zu ermitteln, wurden Zeitzeugen, Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker befragt, Fotodokumentationen und Quellen recherchiert sowie Materialanalysen durchgeführt. Die besondere Herausforderung bestand darin, die Verfallserscheinungen von jenen Werkspuren zu unterscheiden, die Beuys bewusst eingeschrieben hatte. Zu letzteren gehören beispielsweise Fuß-, Finger-, Besen- oder Schwammabdrücke, die den prozesshaften, interaktiven Entstehungsvorgang der „Richtkräfte“ demonstrieren.
Erstmals gelang es, die Entstehungsgeschichte der Arbeit von der Performance bis hin zu einer zum Kunstwerk deklarierten Installation chronologisch durchgehend zu dokumentieren. In einer Kooperation der Staatlichen Museen zu Berlin und der Ernst von Siemens Kunststiftung konnten diese Maßnahmen, deren Schwerpunkt die Konservierung der 100 Bildtafeln war, im Rahmen einer offenen Interimswerkstatt in den Museumsräumlichkeiten realisiert werden.