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Michael Schmidt – Retrospektive
Fotografien 1965—2014

23.08.2020 bis 17.01.2021
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart

Michael Schmidt (1945–2014) bezieht in der deutschen Gegenwartsfotografie eine einzigartige Position. In Berlin geboren, fand er Mitte der 1960er-Jahre als Autodidakt zur Fotografie als künstlerischem Ausdrucksmittel. Die Retrospektive im Hamburger Bahnhof stellt erstmals das gesamte Lebenswerk vor und ist die erste Übersichtsausstellung des Berliner Fotografen in seiner Heimatstadt nach 25 Jahren.

Über die Ausstellung

Für jede seiner Werkgruppen hat Schmidt eine individuelle fotografische Methode des Zugangs zur Wirklichkeit entwickelt. Sie umfassen Porträts, Selbstporträts, Stadtlandschaften, Landschaften und Stillleben. Neben den Werkgruppen „Waffenruhe“ (1987), „Ein-heit“ (1996), „Lebensmittel“ (2012) und weiteren Originalfotografien stellt die Ausstellung anhand von unveröffentlichten Arbeitsabzügen, Buchentwürfen und Archivmaterialien die Entwicklung von Schmidts künstlerischer Arbeit vor, die durch ihre ständige kritische Revision und Innovation Vorbildcharakter hat.

Michael Schmidt fotografierte zunächst ausschließlich in Berlin. Hier entstanden Anfang der 1970er-Jahre Auftragsarbeiten für Bezirksämter und den Senat zu Stadtteilen wie Kreuzberg und Wedding oder zu sozialen Themen. Das Buch- und Ausstellungsprojekt „Waffenruhe“, ein bildgewaltiges Psychogramm der damals geteilten Stadt, das 1987 erstmals in Berlin gezeigt wurde, machte Michael Schmidt auch international bekannt. Von der Konzentration auf die Motivwelt seiner Heimatstadt löste er sich mit der Werkgruppe „Ein-heit“, die auf den Wiedervereinigungsprozess Deutschlands Bezug nimmt und der Öffentlichkeit erstmals 1996 im Museum of Modern Art in New York präsentiert wurde.

In seinen Arbeiten widmete sich Schmidt der Bedeutung des Stadtraums, der andauernden Aktualität von Geschichte, dem Selbstbildnis, dem Selbstverständnis von Frauen und der Bedeutung von Natur und Lebensmitteln. Durch die von Schmidt ständig weiter entwickelte fotografische Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und die verschiedenen Veröffentlichungsformate hat sein Werk Vorbildcharakter.

Retrospektive zeigt Lebenswerk in acht Schwerpunkten

Die Retrospektive zeigt das Lebenswerk in acht Schwerpunkten und übernimmt dabei die von Schmidt selbst erarbeiteten und erprobten Präsentationsformen so weit wie möglich. Am Anfang stehen Fotografien aus den Bezirken Kreuzberg und Wedding, die zwischen 1969 und 1981 im Auftrag Berliner Bezirksämter oder des Berliner Senats entstanden sind und den Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner darstellen. Zeigen die in den 1970er- und 1980er-Jahren entstandenen Stadtlandschaften noch das typische Westberliner Stadtbild der Nachkriegszeit in dokumentarischen Aufnahmen, findet Schmidt später zu einem Stil, der Dokumentation und Abstraktion vereint.

In dem Mitte der 1970er-Jahre entwickelten Buch- und Ausstellungsprojekt „Waffenruhe“ zeichnet Schmidt mit verdichteten, ausschnitthaften und kontrastreichen Schwarzweißaufnahmen von Stadtlandschaften, Naturdetails und Porträts ein subjektives und facettenreiches Bild der damals geteilten Stadt. Seine Fotografie bedient sich nun nicht mehr vorrangig dokumentarischer Mittel, sondern formuliert in überraschenden Bildzusammenhängen das dystopische Lebensgefühl einer Generation kurz vor dem Fall der Mauer. Enge Bildausschnitte, geringe Tiefenschärfe sowie für die damalige Zeit große Bildformate kennzeichnen die Arbeiten nach „Waffenruhe“ (Portraits, 1987–1994, Architektur, 1989–1991). Schmidt löst die Motive aus ihrem konkreten urbanen oder persönlichen Zusammenhang, sodass sie symbolisch für Großstadt, Geschichte und Gesellschaft stehen. In der während der deutschen Wiedervereinigung entstandenen Werkgruppe „Ein-heit“ (1991-94) befasst sich Schmidt mit der Geschichte und der universalen Zeichenhaftigkeit der politischen Gesellschaftssysteme, die in Deutschland seit 1933 geherrscht haben: dem Nationalsozialismus, dem Sozialismus und der Demokratie.

Ende des 20. Jahrhunderts fotografierte Schmidt eine Serie von jungen Frauen (Frauen, 1997–1999), welche die Nivellierung der Individualität durch gesellschaftlich vermittelte Normen und Ideale thematisiert. Für die Werkgruppe „Lebensmittel, 2006–2010“ hat Michael Schmidt in lebensmittelverarbeitenden Betrieben fotografiert und setzte erstmals auch die Farbfotografie ein. Die Lebensmittel auf den Fotografien sind nicht mehr durch Individualität, Nachvollziehbarkeit und Regionalbezug, sondern durch Normierung, Entfremdung und Internationalisierung geprägt. Kurz vor seinem Tod 2014 wurde er für diese Werkgruppe mit dem Prix Pictet ausgezeichnet. Mitte der 1990er-Jahre entdeckte Schmidt sein Archiv als Quelle, um sein Frühwerk einer kritischen Revision zu unterziehen. Bereits schwer erkrankt, stellte Schmidt 2013/14 für sein Künstlerbuch „Natur“ Bilder aus dem Archiv zusammen.

Leihgeber*innen und Kurator*innen

Neben Werken aus der Sammlung der Nationalgalerie sind Leihgeber*innen der Exponate Karin Schmidt, Courtesy Galerie Nordenhake, Berlin, und die Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt. Die Ausstellung wird kuratiert von Thomas Weski (Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit dem Archiv Michael Schmidt), Laura Bielau hat kuratorisch mitgearbeitet und künstlerisch unterstützt.

Katalog

Zur Retrospektive erscheint ein Katalog im Verlag Koenig Books mit einem Umfang von 400 Seiten zum Preis von 60 Euro, Museumspreis 45 Euro. Die Katalogbeiträge haben Ute Eskildsen, Janos Frecot, Peter Galassi, Heinz Liesbrock und Thomas Weski verfasst, die alle mit dem Künstler in verschiedenen Projekten zusammengearbeitet haben.

Weitere Stationen

Im Anschluss an die Ausstellung im Hamburger Bahnhof wird die Retrospektive in der Galerie Nationale du Jeu de Paume, Paris (11.5. – 29.8.2021), dem Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid (28.9.2021 – 28.2.2022) und dem Albertina Museum, Wien (24.3. –12.6.2022) gezeigt.

Die Ausstellung wird großzügig gefördert durch die Sparkassen-Finanzgruppe, vertreten durch die Berlin Hyp, Berliner Sparkasse, Deka Bank Deutsche Girozentrale, Deutsche Leasing, Finanz Informatik, Feuersozietät Berlin Brandenburg, NORD/LB Kulturstiftung, den Sparkassen-Kulturfonds des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und den Sparkassenverband Westfalen Lippe, Hauptförderer der Staatlichen Museen zu Berlin, und ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds. Medienkooperation: tip Berlin

Die ursprüngliche Laufzeit vom 21. Mai bis 25. Oktober 2020 wurde aufgrund der coronabedingten Schließung des Museums verschoben. Über die geltenden Hygienevorkehrungen und Sonderöffnungszeiten während der neuen Ausstellungslaufzeit informieren wir Sie über die Website.

Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin in Kooperation mit der Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit dem Archiv Michael Schmidt.

Invalidenstraße 50 - 51
10557 Berlin

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Jahreskarte Classic Plus alle Ausstellungen
100,00 EUR ermäßigt 50,00
Classic Plus: alle Ausstellungen

Jahreskarte Staatliche Museen zu Berlin
Ab 25,00 EUR
Weitere Informationen

Tel 030 - 266 42 42 42 (Mo - Fr, 9 - 16 Uhr)
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