Mehr als jedes andere Material eignet sich der Werkstoff Gips dazu, Feinheiten historischer Originalobjekte wiederzugeben. Für die Herstellung der Kunstrepliken wird eine spezielle Rezeptur aus feinstem, hochwertigem Alabaster-Gips verwendet. Das Anfertigen der Repliken aus den teilweise 200 Jahre alten Formen ist kompliziert und äußerst zeitaufwendig.
Ergänzend zur Vor- und Nachbereitung der Formen vor dem Abguss muss eine Vielzahl einzelner Komponenten zusammengefügt und nachträglich modelliert werden. In einigen Fällen haben die wertvollen historischen Formen ihr zerstörtes, verschollenes oder verwittertes Original überdauert und geben einen Erhaltungszustand wieder, der am Original unwiederbringlich verloren gegangen ist.
Der Gipsabguss ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit und seit dem Altertum ein Hilfsmittel der Bildhauer. Sein besonderer Reiz liegt in seiner Genauigkeit und Detailtreue.
In der Antike wurden Gipsabgüsse als eigenständige Kunstwerke betrachtet. Abgüsse griechischer und römischer Werke waren eine Möglichkeit, sich das Ideal der Antike im Atelier vor Augen zu führen. Doch die frühe Neuzeit nahm nicht die gesamte Antike zum Vorbild, sondern formte einen klassischen Kanon, der durch Gipsabgüsse in den Kunstakademien geprägt und weitergetragen wurde.
Im 18. Jahrhundert beflügelten die Abguss-Sammlungen der Kunstakademien und der höfischen Antikensäle den Aufstieg der Wissenschaft: Auf engstem Raum versammelte antike Werke ermöglichten den Vergleich und damit die Einordnung, Klassifizierung und schließlich die Entwicklung einer Stilgeschichte. Mit der Erkenntnis, dass sich konkrete Antikenstudien besser mit Abgüssen als mit den zuvor verwendeten Kupferstichen treiben lassen, gründeten zahlreiche Universitäten wissenschaftliche Abguss-Sammlungen. Nun war es nur noch ein kleiner Schritt, bis die Abgüsse ihren Weg in die Museen fanden und ihnen im 19. Jahrhundert ganze Abteilungen gewidmet wurden. Die Gründung der Berliner Gipsformerei im Jahr 1819 erfolgte aus diesem Geist heraus.