Verlorene Meisterwerke. Ein Digitalisierungsprojekt zu den Verlusten der Gemäldegalerie

Die Sammlung der Gemäldegalerie hat infolge des Zweiten Weltkriegs den Verlust von etwa 580 Werken zu verzeichnen. Neben vermissten Altausleihen sowie beschlagnahmten und gestohlenen Gemälden wurde der größte Teil dieser Bilder im Mai 1945 durch zwei verheerende Brände im Flakbunker Friedrichshain vernichtet. Im Fotoarchiv der Gemäldegalerie haben sich von den verlorenen und zerstörten Bildern historische Glasnegative erhalten, die nun digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht werden.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen bedeutender Kulturgutverluste infolge des Ersten Weltkriegs wurde 1925 der Berliner Museumsfotograf Gustav Schwarz (1871–1958) mit Aufnahmen des gesamten Bestands der Gemäldegalerie beauftragt. Die von ihm angefertigten Glasnegative haben sich glücklicherweise erhalten und sind heute ein einzigartiges bildliches Zeugnis fast aller im Zweiten Weltkrieg verlorener Werke der Sammlung.

Gegen Ende 1941 wurde mit der Einlagerung der wichtigsten Bestände der Berliner Gemäldegalerie in den Leitturm des Flakbunkers Friedrichshain begonnen, um sie vor Kriegseinwirkungen zu schützen. Aufgrund der sich zunehmend verschlechternden Situation wurden im März 1945 die bedeutendsten Werke von Berlin nach Thüringen evakuiert und zum Schutz in Bergwerken eingelagert, wo sie später von amerikanischen Truppen geborgen wurden. Insgesamt etwa 430 Gemälde verblieben im Flakbunker, darunter vor allem die großformatigen Werke, die aufgrund ihrer Abmessungen nicht in die Förderkörbe der Gruben passten. Dieser im Flakbunker zurückgelassene Gemäldebestand fiel kurz nach Kriegsende zwei Bränden zum Opfer, deren Ursachen bis heute ungeklärt sind.

Viele der im Flakbunker vernichteten Bilder stammen von den herausragendsten Malern der europäischen Kunstgeschichte. So gingen allein von Peter Paul Rubens zehn Werke verloren, von Paolo Veronese und Anthony van Dyck jeweils fünf Bilder und von Michelangelo Merisi da Caravaggio wurden drei Meisterwerke zerstört.

Die Digitalisierung der überwiegend in hervorragender Qualität vorliegenden Aufnahmen, darunter auch einige sehr frühe Farbaufnahmen, stellt für zukünftige Forschungen eine unschätzbare Informationsquelle dar und liefert damit einen wertvollen Beitrag zur europäischen Kunstgeschichte.


Ziele und Ergebnisse: Digitalisierung der Bestände historischer Glasnegative, Erfassung im Museumsdokumentationssystem und Online-Veröffentlichung 
Projektträger: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin
Projektverantwortliche: Dr. Katja Kleinert (Stellvertretende Direktorin und Kustodin für niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts der Gemäldegalerie), Franziska May (wissenschaftliche Mitarbeiterin für Provenienzforschung des Zentralarchivs und der Gemäldegalerie)
Projektbeteiligte: Maria Stein (Fotoarchivarin der Gemäldegalerie), Eva Gudermann (Freiwillige FSJ Kultur Berlin der Gemäldegalerie), Florian Schmitt (Praktikant der Gemäldegalerie)
Laufzeit: 2024 bis 2025