Das Forschungs- und Buchprojekt ist Anna Dorothea Therbuschs Gemälden in Berlin und Brandenburg gewidmet. Besondere Berücksichtigung finden kulturgeschichtliche Aspekte ihres Schaffens sowie Maltechnik und Bildgenese.
Der aus der preußischen Malerfamilie Lisiewsky stammenden Anna Dorothea Therbusch (1721–1782) gelang im 18. Jahrhundert eine bemerkenswerte internationale Karriere – in einer Zeit also, als der Zugang zu künstlerischer Ausbildung und Akademien für Frauen strukturell erschwert war. Nach der Ausbildung bei ihrem Vater Georg Lisiewsky und der Prägung durch den Kunstgeschmack des Friederizianischen Rokoko (Watteau, Pesne u. a.) widmete sich Anna Dorothea zunächst zwanzig Jahre lang der Erziehung ihrer Kinder. Erst 1761, im Alter von vierzig Jahren, begann sie, ihre künstlerischen Ambitionen beruflich zu verfolgen.
Sie arbeitete an den Höfen von Stuttgart und Mannheim, wurde Mitglied in die Akademien von Stuttgart und Bologna und verbrachte zwischen Sommer 1766 und Herbst 1768 rund zwei Jahre in Paris. Dort wurde sie, nicht ohne Widerstände, mit einem an niederländischer Malerei orientierten Kerzenlichtbild in die Académie Royale aufgenommen. 1768 erfolgte die Aufnahme in die Wiener Akademie der Bildenden Künste. Seit 1769 zurück in Berlin, wurde sie zu einer gefragten Porträtistin der Berliner Gesellschaft. Auch für den russischen Zarenhof war sie tätig und fand bei Friedrich II. von Preußen mit mythologischen Historien Anklang.
In jüngerer Zeit wuchs das kunsthistorische und öffentliche Interesse an Leben und Werk der Malerin. Anlässlich ihres 300. Geburtstags widmete die Gemäldegalerie Therbusch 2021/22 in Kooperation mit der Alten Nationalgalerie die monografische Ausstellung „Anna Dorothea Therbusch. Eine Berliner Künstlerin der Aufklärungszeit“. Hieraus ist das aktuelle, kunsthistorische und kunsttechnologische Forschungsprojekt zu den in Berlin und Brandenburg bewahrten Gemälden der Künstlerin entstanden.
Anliegen des Projektes ist es, die in Berlin und Brandenburg in öffentlichen Institutionen aufbewahrten Gemälde Therbuschs vorzustellen und biografisch sowie kunsthistorisch zu verorten. Hierfür werden bestehende Einordnungen überprüft, bisher unbeachtete Dokumente hinzugezogen und das Wissen durch vergleichende Werkanalysen vertieft. Schwerpunkte sind unter anderem Therbuschs Arbeitsumfeld, ihre künstlerischen Quellen und ihr künstlerisches Selbstverständnis.
Integraler Bestandteil des Projekts ist zudem die kunsttechnologische Untersuchung aller Gemälde Therbuschs im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin. Hierfür werden neben der stereomikroskopischen Betrachtung auch strahlendiagnostische Untersuchungsverfahren wie Röntgen, UV-Fluoreszenz und Infrarotreflektographie genutzt. Darüber hinaus sind an ausgewählten Werken in Zusammenarbeit mit dem naturwissenschaftlichen Labor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin – Brandenburg Analysen mittels Röntgenfluoreszenz, optischer Spektroskopie, Flüssigkeitschromatographie (HPLC) und Ramanspektroskopie (SERS) geplant. Die Untersuchungen sollen Erkenntnisse über die Arbeitsweise der Künstlerin und die von ihr verwendeten Materialien sowie Einblicke in die Herstellungsgeschichte der einzelnen Gemälde liefern. Dabei werden tradierte Vorstellungen zu Therbuschs Malweise und den von ihr angeblich verwendeten Farben auf den (natur)wissenschaftlichen Prüfstand gestellt.
Die geplante Publikation macht erstmals die in Berlin und Brandenburg aufbewahrten Gemälde systematisch in einem Buch greifbar. Sie wird darüber hinaus neue Erkenntnisse zu den von Therbusch verwendeten Materialien und zu ihrer Arbeitsweise vermitteln. Indem übergreifende Aufsätze diese Gemälde und Befunde kontextualisieren, bietet der Band zugleich eine aktuelle Einführung in das Werk der Künstlerin.
Nuria Jetter (Hrsg.): „Anna Dorothea Therbusch in Berlin und Brandenburg. Werke, Technik, Kontext“, mit Beiträgen von Jens Bartoll, Alexandra Engel, Anina Gröger, Nuria Jetter, Sarah Salomon, Anna Schultz, Birgit Verwiebe und Anja Wolf (erscheint 2024).
Ziele und Ergebnisse: Forschung zum Sammlungsbestand, Publikation, Symposium
Projektträger: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Projektverantwortliche: Nuria Jetter (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin), Dr. Sarah Salomon (Kuratorin für europäische Malerei des 18. und deutsche Malerei des 17. Jh. der Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin), Anja Wolf (Gemälderestauratorin der Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin)
Projektbeteiligte: Jens Bartoll (Leiter des naturwissenschaftlichen Labors der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg), Ramona Roth (Gemälderestauratorin der Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin)
Mit Unterstützung durch: Akademie der Künste, Berlin; Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin; Germanisches Nationalmuseum Nürnberg; Klassik Stiftung Weimar; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg; Stiftung Stadtmuseum Berlin
Laufzeit: 2022 bis 2024
Förderung: Das Projekt wird gefördert durch eine großzügige Spende der Castor & Pollux Stiftung gemeinnützige GmbH (Druckkosten) sowie von privater Hand (Restaurierung von Therbuschs „Selbstbildnis mit Augenglas“)