Karl Friedrich Schinkel, Die Zauberflöte, Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Entwurf zur Dekoration, Die Sternenhalle der Königin der Nacht, Detail / Bildnachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Karl Friedrich Schinkel, Die Zauberflöte, Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Entwurf zur Dekoration, Die Sternenhalle der Königin der Nacht, Detail / Bildnachweis: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Jörg P. Anders

Tickets

Von Beijing nach Berlin: Die neue ‚Materialität‘ chinesischer Architekturmodelle

Untersuchung aus einer neuen 'dinglichen (materiellen)' Perspektive von drei außergewöhnlichen, aber bisher vergessenen Architekturmodellen (tangyang), die von der chinesischen Lei-Familie für die Qing-Kaiser vor mehr als einem Jahrhundert gefertigt wurden und sich heute in der Sammlung des Ethnologischen Museums in Berlin befinden.

Gemeinsam mit einem Team der Tsinghua University School of Architecture (Beijing) werden Wissenschaftler aus dem Ethnologischen Museum und der Technischen Universität Berlin drei Architekturmodelle (tangyang) des Ethnologischen Museums in Berlin untersuchen. Es handelt sich dabei um maßstabsgetreue Modelle von Mausoleen aus der späten Kaiserzeit, darunter auch das Modell des Grabhügels des legendären Kaisers Guangxu (r.1875-1908) (I D 25383 1-61).

Über diese aufwendig bemaltem Modelle, die kunstfertig und mit höchster Präzision aus verschiedenen Papiersorten, sowie Holz, hergestellt sind, wurde bisher zu wenig geforscht. Die Modelle sind zerlegbar, in bis zu 65 handgefertigte Einzelteile, die perfekt zusammenpassen. Jedes von ihnen ist mit einem Hinweis auf seine Funktion und Position im Modell versehen, sowie mit Informationen über die geplante Ausführung des Entwurfs, den sie repräsentieren. Die Modelle wurden den an Architektur interessierten Kaisern der Qing-Dynastie (1644-1911) zur Begutachtung vorgeführt und dienten anschließend den Beamten der Baubehörde als Vorlage für die Bauumsetzung. Weltweit gibt es nur noch wenige Modelle, die sich in einem ähnlichen vollständigen Zustand wie die Berliner Modelle befinden.

Das Projekt basiert auf einem neuen Forschungsansatz des Tsinghua-Teams, der auf der mehrjährigen Untersuchung eines ähnlichen, universitätseigenen Modells (des Mausoleums der Kaiserinwitwe Cixi) durch UV-, Röntgen- und Röntgenfloreszenztests, optische und polarisierte Lichtmikroskopie sowie energiedispersive Röntgen- und Ramanspektroskopie basiert. Um die zugrundeliegende, neuartige Hypothese zu stärken - die Materialwissenschaft als Schlüssel zum Verständnis der Objekte des deutsch-chinesischen Kulturerbes - werden die chinesischen und deutschen Experten eine umfassende, interdisziplinäre und kulturübergreifende Untersuchung durchführen, um (alt)bekannte Probleme des architektonischen Designs, des Verhältnisses von Original und Nachbildung, des Modellbaus und der Besitzgeschichte durch einen neuen Fokus auf die Materialität der Objekte und die historischen Materialien (Papiere, Klebstoffe, Farbpigmente) und Herstellungstechniken, die sie erzeugen, anzugehen.

Neben der eigenständigen Forschung werden die Teams während der geplanten jährlichen einmonatigen Forschungsaufenthalte in Deutschland und der drei 7- bzw. 14-tägigen Workshops in Beijing und Berlin in einem intensiven Austausch bleiben.

Die Forschung im Rahmen dieses Projektes ist von großer Bedeutung, weil sie eine umfassendere Analyse und Interpretation kulturspezifischer Entwurfs- und Modellbauverfahren durch wissenschaftliche Prüfung und Vergleiche chinesischer Praktiken mit den (ebenso) langjährigen Traditionen in Europa ermöglichen wird, die sich im Italien der Renaissance entwickelten und in Deutschland seit dem Mittelalter (Dombau) blühten. Dies soll die verdiente Anerkennung physischer Modelle als primäre Vermittler von materiellem und immateriellem (chinesischem) Kulturerbe sicherstellen und die zentrale Stellung des Kulturdialogs China-Deutschland untermauern.

Als langfristiges Ziel werden die Antragsteller konzeptionelle Strategien für zukünftige transnationale konservierungswissenschaftliche Projekte von architekturbezogenen Objekten in deutschen und chinesischen musealen/universitären Sammlungen entwickeln.


Projektleitung: Dr. Alexandra Harrer (Tsinghua University, School of Architecture in Beijing), Henriette Lavaulx-Vrécourt (Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin)
Projektkoordinator: Dr. Alexandra Harrer
Projektmitarbeiter*innen: Prof. Dr. Stefan Simon und Mitarbeiter*innen des Rathgen-Forschungslabors (Staatliche Museen zu Berlin), Dr. Hermann Schlimme, Kim Ho, Melanie Nguyen (Technische Universität Berlin), Prof. Liu Chang, Prof. Wang Qingchun, Wen Wen (Tsinghua University, School of Architecture, Beijing), Dr. Klaas Ruitenbeek
Projektträger: Chinesisch-Deutsches Zentrum für Wissenschaftsförderung
Projektförderer: National Natural Science Foundation of China (NSFC)
Laufzeit: Januar 2021 bis Dezember 2024