Künstliche Intelligenz und koloniale Provenienz

Pilotprojekt zur Erprobung KI-gestützter Transkription, Übersetzung und Visualisierung von Provenienzdaten aus kolonialen Kriegszügen in Deutsch-Neuguinea

Viele historische Dokumente, die für die Erforschung kolonialer Museumsbestände zentral sind, sind nur schwer zugänglich. Sie sind in altdeutscher Handschrift verfasst, schwer lesbar und ausschließlich auf Deutsch vorhanden. Das erschwert nicht nur die wissenschaftliche Analyse und den internationalen Dialog. Ein neues Pilotprojekt im Ethnologischen Museum setzt erstmals Künstliche Intelligenz ein, um diese Barrieren zu überwinden. Ziel ist es, die Dokumente zu transkribieren, in mehrere Sprachen zu übersetzen und ihre Inhalte durch digitale Visualisierungen zugänglich zu machen.

Seit einigen Jahren wird der Umgang mit der Geschichte des Kolonialismus und seinen Auswirkungen verstärkt in der Öffentlichkeit diskutiert. Besonders die Bestände des Ethnologischen Museums in Berlin stehen dabei im Fokus. Kolonialisierung, das Aneignen von Objekten und der Aufbau von ethnologischen Sammlungen in Berlin waren auf das Engste miteinander verknüpft. Bis heute befindet sich eine Vielzahl an Objekten, die im Kontext kolonialer Kriegszüge nach Berlin gelangten, im Ethnologischen Museum. Die gewaltvolle Geschichte dieser Erwerbungen zu ergründen und offenzulegen, ist das zentrale Anliegen der Provenienzforschung.

Das Projekt erprobt innovative digitale Methoden zur Unterstützung der Provenienzforschung. Aufbauend auf dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt zur Digitalisierung des historischen Archivs im Ethnologischen Museum (1830-1947) soll nun sondiert werden, wie eine Transkription und anschließende Übersetzung dieser Dokumente in mehrere Sprachen umgesetzt werden kann. Gleichzeitig wird die Visualisierung der dabei erhobenen Daten getestet, um die Provenienzforschung in diesem Bereich inhaltlich zu unterstützen und Erkenntnisse für zukünftige Projekte zu gewinnen. Die ausgewählten Akten beziehen sich auf Aktivitäten der Marine in der Kolonie Deutsch-Neuguinea und bieten Kontextinformationen zu kolonialen Kriegszügen und den aus diesem Kontext stammenden Objekten.

Das Projekt ist ein erster Testlauf: Welche Technologien sind für die Provenienzforschung tatsächlich nutzbar? Wie viel menschliche Arbeitszeit wird benötigt, um mit gegenwärtig verfügbaren KI-basierten Technologien korrekte und verwertbare Ergebnisse zu erzielen? Wo liegen die Grenzen automatisierter Verfahren? Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, digitale Methoden für die Erforschung kolonialer Sammlungen weiterzuentwickeln.


Projektleitung: Ilja Labischinski, Hendryk Ortlieb
Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in: N. N.
Studentische Hilfskraft: N. N.
Einrichtungen: Ethnologisches Museum, Zentralarchiv
Projektförderer: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Laufzeit: 2025 bis 2027