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Federarbeiten – Gelebte und museale Praktiken im Dialog

Federarbeiten sind vielschichtige Artefakte. Sie beinhalten materielle, ästhetische, soziale, symbolische, ökologische, politische, ethische und weitere Dimensionen. Gesteigert wird diese Komplexität, wenn es sich dabei um (historische) Museumsobjekte handelt. In dem kollaborativen Videoprojekt „Federarbeiten – Gelebte und museale Praktiken im Dialog“ nähern wir uns dieser Vielschichtigkeit. Anhand einer Vielzahl von Erfahrungen, Kenntnissen und Zugängen geben wir Einblicke in interkulturelle und interdisziplinäre Museumspraktiken, thematisieren Herstellungs- und Benutzungskontexte und veranschaulichen Bedeutungen historischer Objekte in der Gegenwart in und außerhalb von Museen.

In den verschiedensten Weltregionen schmücken sich Menschen mit Federn. Auf diese Weise machen sie ihre Stellung in der natürlichen und auch übernatürlichen Welt, ihren Status und ihr Ansehen in der Gemeinschaft erkennbar. Die Nutzung von Federn impliziert soziale, politische, ökonomische, religiöse, ästhetische, ökologische sowie ethische Aspekte. In Südamerika ist die Vogelwelt besonders artenreich; ungefähr 27.000 Vogelarten haben dort ihren Lebensraum. Ebenso vielfältig ist die Verwendung von Vogelfedern und ihre Verarbeitung, auch wenn vergleichsweise wenige Arten für die Herstellung von Federarbeiten genutzt werden. Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. wurden an der peruanischen Küste nachweislich Federn verwendet, und Personen und Gegenstände, aber auch Bauwerke werden bis heute insbesondere im amazonischen Tiefland mit Federn verziert.

Diese Materialgruppe ermöglicht daher nicht nur eine breite Kooperation auf sehr vielfältigen Ebenen, sondern fordert dies ein: zum einen um die historische und aktuelle Vielschichtigkeit von Federkunsttraditionen adäquat erörtern und präsentieren zu können, zum anderen um sowohl die Objekte als auch die Praktiken als lebendige kulturelle Ausdrucksformen für die Zukunft zu erhalten – und weiterzuentwickeln.

Video „Federarbeiten“

Das Video „Federarbeiten“ zeigt in seinen vier Beiträgen:

  • Der erste Beitrag konzentriert sich auf die transdisziplinäre Erforschung von Federarbeiten im Ethnologischen Museum in Berlin. Hier begegnen sich kulturanthropologische, konser­vatorische/restaura­torische und ornithologische Herangehensweisen und Fragestellungen mit dem Ziel, die Federobjekte in ihrer gesamten Biografie – vom Aufsammeln der Federn bis zu ihrer Gegenwart in Museumssammlungen – zu verstehen, sie objektgerecht zu behandeln und für zukünftige Generationen zu erhalten.
  • Das Museu Nacional in Rio de Janeiro bringt im zweiten Beitrag eine weitere Perspektive ein. Darin erläutert Glicéria Tupinambá, Künstlerin und Aktivistin, die Revitalisierung der Tradition der Federmäntel der Tupinambá. Ausgangspunkt bildeten dafür die erhaltenen Objekte aus dem 16. Jahrhundert, die sich sämtlich in Museen außerhalb von Brasilien befinden. Gliecéria erklärt anschaulich den Prozess der Herstellung und setzt diese Federkunsttradition in Zusammenhang mit der Wiederbelebung der eigenen Kultur und mit dem Kampf um die eigene (natürliche) Umwelt.
  • Der dritte Beitrag führt nach Zentralbrasilien, zur Insel Bananal. Das Museu Antroplógico (Goiânia) zeigt in seinem Video die Vielfalt der Federkunst der Iny-Karajá sowie deren Verwendung und unterstreicht dabei die sozialen Dimensionen der Federnutzung. Es präsentiert den Federkünstler Kurania Iny-Karajá und begleitet ihn bei der Herstellung einer latenira, einem Federkopfschmuck. Auf diese Weise veranschaulicht dieser Beitrag die zentrale Rolle von Federarbeiten für die Iny-Karajá sowie die Bedeutung der Federkünstler für die Gemeinschaft.
  • Der vierte Beitrag führt wieder zurück zum Museum. Das Museu de Arqueologia e Etnologia in São Paulo skizziert die lange Geschichte seiner Sammlung und erläutert die Maßnahmen, die dort ergriffen werden, um Federarbeiten zu erhalten und zu dokumentieren. Eine wichtige Rolle bei der Erforschung und Dokumentation kommt dabei zunehmend indigenen Gruppen zu. Das Video verdeutlicht damit den Wert interkultureller Zusammenarbeit – für die Kulturträger*innen und für die Museen –, und verweist zudem auf den Wandel im Selbstverständnis der Institution „Museum“.

Einrichtung: Ethnnologisches Museum (Staatliche Museen zu Berlin)
Projektteam: Friederike Berlekamp, Melanie Korn
Projektkoordination: Friederike Berlekamp (Staatliche Museen zu Berlin), Selina McKay (Stiftung Humboldt Forum)
Kooperation: Ethnologisches Museum/Stiftung Humboldt Forum, Museu Antropológico (UFG), Museu de Arqueologia e Etnologia (USP) und das Museu Nacional (UFRJ).
Weitere Projektbeteiligte: Pascal Eckhoff (Museum für Naturkunde Berlin), Sylke Frahnert (Museum für Naturkunde Berlin), Glicéria Tupinambá (Künstlerin, Aktivistin), Idjaruma Iny-Karajá (Filmemacher), Kurania Iny-Karajá (Federkünstler), Pablo Antonio Vásquez Salvador (Instituto de Pesquisas Energéticas e Nucleares) sowie Vertreter:innen der Terra Indígena Araribá und Terra Indígena Icatu
Förderung: Stiftung Humboldt Forum
Laufzeit: Sommer 2021 bis Frühling 2023