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Route 3 – Frauen in der griechisch-römischen Mythologie

In der dritten Route werden die Rollen von Göttinnen und Frauen aus der antiken Mythologie, ihre künstlerische Darstellung und ihre Interpretation im jeweiligen Kontext beleuchtet.

Die Persönlichkeiten der griechisch-römischen Mythologie wie Venus, Diana, Herkules oder Odysseus sind vielen Menschen ein Begriff. Eine Blütezeit erlebte die Rezeption antiker Mythen in bildender Kunst und Literatur besonders während der frühen Neuzeit (15. bis 18. Jh.). Die Geschichten wurden dabei den veränderten Bedürfnissen angepasst und adaptiert. Bis heute prägen sie die europäische Bilder- und Vorstellungswelt, zugleich spiegeln sich in ihnen aber auch seit Jahrtausenden tradierte patriarchale Geschlechterrollen.

Proserpina, ein Opfer sexueller Gewalt

Ein immer wiederkehrendes Motiv in der Mythologie ist sexualisierte Gewalt an Göttinnen und Sterblichen durch Götter bzw. Männer. In den breit rezipierten „Metamorphosen“ des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.), einer für die künstlerische Rezeption der Antike eminent wichtigen Zusammenstellung von Sagen aus der Mythologie, handeln 50 Erzählungen von sexueller Übergriffigkeit. Eine der bekanntesten Erzählungen ist der sogenannte „Raub der Proserpina“. Der Mythos berichtet von der jungfräulichen Proserpina (griech. Persephone) – Tochter von Ceres und Jupiter –, die vom Unterweltsgott Pluto entführt wird. In der Kunst der Renaissance und des Barock wurde bevorzugt die gewaltvolle Umklammerung des liebestollen Pluto dargestellt, aus der sich die nackte Proserpina verzweifelt zu befreien sucht. Ausgeblendet wurde dabei der Fortgang der Geschichte, in dem die Mutter den Gürtel Proserpinas findet, ein Symbol für Jungfräulichkeit und mithin Hinweis auf ihre Vergewaltigung. Voller Wut und Schmerz lässt Ceres daraufhin das Land verdorren. Um der folgenden Hungersnot ein Ende zu setzen, darf Proserpina zwar zu ihrer Mutter zurückkehren, muss aber von nun an das halbe Jahr bei Pluto verbringen.

Rollentausch

In der antiken Mythologie finden sich aber auch Geschichten, in denen sich die traditionellen Geschlechterrollen umkehren, wie etwa bei Omphale und Herkules. Nachdem Herkules seine zwölf berühmten Heldentaten vollbracht hatte, tötete er in einem Anfall von Wahnsinn seinen Freund Iphitos. Zur Strafe sollte er drei Jahre lang der lydischen Königin Omphale als Sklave dienen. Sie verliebten sich ineinander und heirateten schließlich. Blind vor Liebe habe Herkules Frauenkleider getragen und sich dem Spinnen und Weben gewidmet. Omphale dagegen trug Herkules’ Löwenfell und Keule – Attribute, die auch die Elfenbeinskulptur „Omphale mit Amor“ (17. Jh) im Bode-Museum aufweist. Nach Ablauf der Strafe zog Herkules wieder davon und in den Kampf. Die satirische Erzählung diente vor allem als warnendes Beispiel für Machtverlust und Verweichlichung des Mannes unter einer „Weiberherrschaft“. Seit der Renaissance vielfach in Kunstwerken aufgegriffen, kann die Geschichte heute als ein Beispiel alternativer Geschlechterrollen gelesen werden.