Das „Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen“ von Johann Gottfried Schadow (1764–1850) ist eine Ikone des Klassizismus und stellt ein Hauptwerk der Alten Nationalgalerie dar. Dem in der Querhalle des Museums aufgestellten Marmorbildwerk von 1797, welches jeden Besucher als erstes empfängt, ging das aus Gips geformte Originalmodell von 1795 voran. Das Modell diente zur Übertragung der Komposition in Marmor. Weil es sich heute in einem stark geschädigten, verfälschten und ästhetisch kritischen Zustand befindet, stand es von Anfang 2019 bis 2022 im Fokus einer umfangreichen Untersuchung und wurde restauriert.
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Das Originalmodell der Prinzessinnengruppe wurde zuletzt von 1987 bis 2012 in der Friedrichswerderschen Kirche präsentiert. Die 25 Jahre lange Ausstellungszeit hinterließ sichtbare Alterungsspuren auf dem Bildwerk. Doch wurde die Figurengruppe bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mehrfach überstrichen, um Verschmutzungen zu überdecken. Diese Anstriche wurden als „Pflegemaßnahmen“ aufgebracht. Methoden zur zerstörungsfreien Gipsreinigung waren damals nicht bekannt. Die Anstriche sind im Zuge der Alterung äußerst spannungsreich geworden und blättern heute schollenartig ab. Dabei reißen die Schollen erste Kornlagen der originalen Oberfläche mit ab und zerstören diese unwiederbringlich. Der fortschreitende Prozess ist unbedingt aufzuhalten; hier ist Gefahr in Verzug.
Des Weiteren wurde bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt (nachweislich vor 1903) die Haltung des rechten Armes Luises verändert und ist seither anatomisch falsch. Der von der rechten Hand gehaltene Faltenwurf erscheint dadurch in Anbetracht der Schwerkraft unglaubwürdig. Das gesamte Überspieltuch erfuhr zahlreiche Formveränderungen. Im Vergleich mit historischen Abbildungen und der Marmorausführung werden die Fehler deutlich.
Eine Restaurierung des Originalmodells ist zwingend notwendig, vorhergehende Untersuchungen dafür unerlässlich. Das Werk wird durch die Restaurierung authentischer und seine ursprüngliche Oberfläche, Form und Plastizität wiedergewinnen. Zugleich wird seine Ausstellungsfähigkeit erreicht. Die zu erwartenden Forschungsergebnisse der Untersuchungen am Original, auch im Vergleich mit dem Marmorbildwerk, sind immens und werden Lücken innerhalb der Forschung über das Werk Schadows sowie die Bildhauerkunst des 19. Jahrhunderts schließen.
Das Projekt wird ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Rudolf-August Oetker-Stiftung, der Hermann Reemtsma Stifung sowie der Kulturstiftung der Länder.
Kooperationspartner: Berner Fachhochschule / Haute école spécialisée bernoise, Hochschule der Künste Bern / Haute école des arts de Berne
Laufzeit: 2019 bis 2022
Förderung: 2019 bis 2022 aus Staatliche Museen zu Berlin-Mitteln, 2021 Rudolf-August Oetker-Stiftung, Herrmann Reemtsma Stiftung, Kulturstiftung der Länder
Ansprechpartner: Theresa Bräunig, Skulpturenrestauratorin Alte Nationalgalerie, Dr. Yvette Deseyve, Kuratorin für Skulptur und Plastik Alte Nationalgalerie