Das Ägyptische Museum und Papyrussammlung geht eine besondere Verbindung mit seinen Ausstellungsräumen ein: Diese wurden bis zum Jahre 1855 im Neuen Museum für die Sammlung geschaffen. Nachdem der Bau infolge des Zweiten Weltkriegs jahrzehntelang als Ruine in der Mitte der Stadt gestanden hatte, ist das Ägyptische Museum und Papyrussammlung nun wieder in seinem Stammhaus untergebracht. Die Überreste der ursprünglichen, überbordenden Ausmalungen und Ornamente der Räume hat das Büro David Chipperfield bei seiner behutsamen Rekonstruktion des Gebäudes erhalten, sodass sich im Zusammenspiel mit der modernen Gestaltung der Ausstellungen ein überzeugender Dreiklang ergibt.
Im Neuen Museum zieht besonders die Büste der Nofretete die Besucher in ihren Bann. Neben dieser Skulptur tragen weitere Plastiken der Königin aus Quarzit und Granit bis hin zu einer empfindlichen Kalksteinfigur zum Bild der Königin bei. Ihr stehen berühmte Porträtköpfe der Familie, besonders die ausdrucksvollen Gesichter ihres Gemahls Echnaton, der sich als irdischer Repräsentant einer monotheistischen Gottesvorstellung begriff, und der Mitglieder des Hofes in Amarna aus der Zeit um 1351-1334 v. Chr. zur Seite.
Aus noch früherer Zeit datieren drei vollständige Kultkammern. In Hunderten von Reliefdarstellungen bieten sie ein Panorama der altägyptischen Kulturgeschichte und blättern gleichsam ein Lehrbuch der Stilentwicklung um 2500 v. Chr. auf.
Als nicht minder außergewöhnlich sind die Fundstücke aus dem Sudan zu bezeichnen. Sie umfassen Kunstwerke aus dem antiken meroitischen Königreich, das von 300 v. Chr. bis 400 n.Chr. bestand: Reliefs von den Pyramiden-Kapellen in Meroë, einen Tempelaltar und den meisterlich gearbeiteten Goldschatz der Königin Amanishakheto.
Die zahlenmäßig umfangreichste Gruppe des Museums bildet die Papyrussammlung mit ihren kostbaren Originalhandschriften. Sie vereinen sich in ihrer Gesamtheit, darunter etwa Homers "Ilias" und zwei vollständige Manuskripte des "Sinuhe-Romans", zu einer einzigartigen "Bibliothek der Antike".
So entsteht im Museum für Ägyptische Kunst und Papyrussammlung ein Kosmos von Kontinuität und Wandel der hochentwickelten altägyptischen und nubischen Kulturen im Laufe von vier Jahrtausenden: von der Alltagswelt im Niltal, der Verehrung von Königen und Göttern und vom Jenseitsglauben, in den die Besucher eingeladen sind.
Das Ägyptische Museum gehört zu den ältesten Abteilungen der ehemals königlichen Sammlungen. Bereits im Jahre 1823 gelangte der erste bedeutende Ankauf ägyptischer Altertümer nach Berlin. Fünf Jahre später erwarb König Friedrich Wilhelm III. auf Empfehlung Alexander von Humboldts die etwa 1.600 Objekte umfassende Sammlung des Italieners Giuseppe Passalacqua, der damit zugleich der erste Direktor des Museums wurde. Seine Exponate waren damals im Galeriegebäude von Schloss Monbijou aufgestellt (nördlich der Spree, gegenüber dem heutigen Bode-Museum, gelegen; infolge des Zweiten Weltkriegs zerstört). Eine weitere umfangreiche Erweiterung erfuhr der Bestand durch die mehr als 1.500 Fundstücke, die der von Richard Lepsius geleiteten preußischen Ägyptenexpedition in den Jahren 1842 bis 1845 zu verdanken sind.
Wenig später konnte das Ägyptische Museum in das soeben erbaute Neue Museum umziehen. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Sammlungsbestand durch Ankäufe, Schenkungen und Grabungen stetig vermehrt. Besonders die Grabung in Tell el-Amarna, der Residenzstadt Echnatons und Nofretetes, bereicherte zwischen 1911 und 1914 das Museum entschieden. Aber die Fundstücke der Grabungen im Totentempel König Sahures und im Sonnenheiligtum König Niuserres in Abusir sowie auf dem frühzeitlichen Friedhof in Abusir el-Meleq gehören ebenso zu den Glanzstücken der Sammlung.
Der Zweite Weltkrieg stellte auch für das Ägyptische Museum einen herben Einschnitt dar. Sein Ausstellungshaus, das Neue Museum, war nach massiven Bombeneinschlägen eine Ruine. Zahlreiche Stücke der Sammlung wurden, obwohl größtenteils ausgelagert, zerstört oder stark beschädigt. Überdies brachte die politische Teilung auch eine Trennung des vorhandenen Bestandes. Die damals in die Sowjetunion verbrachten Objekte kehrten 1958 in den Ostteil Berlins zurück. Sie waren nun im Bode-Museum zu sehen. Die dort eingerichtete Ausstellung widmete sich vor allem der Kultur- und Religionsgeschichte des Pharaonenreiches. Große Reliefzyklen aus Grabkammern und Tempeln, Kolossalstatuen von Göttern und Königen, Sarkophage, bemalte Särge und Mumienmasken führten die Besucher in Glauben und Weltverständnis der alten Ägypter ein. Installationen zur Kulturgeschichte gaben Einblick in den Alltag vor Jahrtausenden. Die Papyrussammlung zeigte neben Klassikern der altägyptischen Literatur illustrierte Totenbücher bis hin zu christlichen und arabischen Schriften.
Die von den Westalliierten sichergestellten Stücke gelangten 1967 aus Westdeutschland nach Berlin zurück, wo sie gegenüber dem Schloss Charlottenburg im östlichen Stülerbau, in dem sich heute die Sammlung Scharf-Gerstenberg befindet, ausgestellt wurden. Diese Schau beschäftigte sich vor allem mit altägyptischer Kunstgeschichte.
Nach dem Fall der Mauer konnten die geteilten Sammlungen im Januar 1991 organisatorisch wieder zusammengeführt werden. Im Rahmen des Masterplans Museumsinsel wurde entschieden, das Ägyptische Museum und Papyrussammlung nach der Grundsanierung des ruinösen Neuen Museums wieder an seinen historischen Standort zurückkehren zu lassen. Zunächst jedoch mussten die im Bode-Museum gezeigten Schaustücke 1996 ausziehen, als dieses Haus instand gesetzt wurde. Die Exponate wurden zum Teil in die bestehende Charlottenburger Ausstellung integriert.
Ab 2005 war das Ägyptische Museum und Papyrussammlung erneut auf der Museumsinsel Berlin zu sehen, vorerst bis Februar 2009 im Obergeschoss des Alten Museums. Seit Oktober desselben Jahres kann die Sammlung nun wieder im glanzvollen Neuen Museum bewundert werden.