01.04.2011
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Im vergangenen Sommer wurde der historische Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie nach mehrjähriger Sanierung wiedereröffnet. Mit diesem Ereignis feierte die Museumsinsel auch das zehnjährige Jubiläum ihrer Ernennung zum Weltkulturerbe der UNESCO. Damit erhielt die Stadt, wie Hermann Parzinger erklärte, einen "zauberhaften Ort zurück, ein Refugium von einzigartiger Qualität".
Der offene Wandelgang umschließt ein Areal mit mehreren Werken der Berliner Bildhauerschule. Namentlich sind dort Bronzeplastiken von Louis Tuaillon, Reinhold Begas, Adolf Brütt, Reinhold Felderhoff, August Gaul, Max Klein und Ferdinand Lepcke zu sehen. Erst vor wenigen Monaten wurde dieses Ensemble durch die für die Sammlung der Nationalgalerie zurückgewonnene Bronze Der Sämann (1896) des Belgiers Constantin Meunier ergänzt.
Nun können wir einen weiteren Zugewinn zu dem Skulpturenbestand im Außenbereich der Alten Nationalgalerie feiern. Seit dem 22. März 2011 ist hier das für diesen Ort entstandene Werk Humpty-Dumpty des international bekannten, zeitgenössischen Künstlers Jonathan Meese (*1970) zu sehen.
Humpty-Dumpty, so der Künstler über sein Werk, "ist menschenideologiefrei, menschenmachtsfrei, religionsfrei, unbestechlich, präzise und ohne FALSCH. […] Diese Metabolismusmaschine braucht als Treibstoff nur Zukunft, Liebe, Respekt, Neutralität und Erz, also Kunst. […] Diese Totalstbabymaschine ist der zuckersüßeste Geleitschutz der Erzkunst. Das BABY-RAUMSCHIFF Humpty-Dumpty fliegt ohne Rückspiegel, ohne Rehling und ohne Nostalgie nur nach vorne, toll, toll, toll."
Mit Humpty-Dumpty hat der in Berlin lebende Kunst-Aktivist, der sich mit seinen Skulpturen, Installationen und Performances der gesellschaftlichen Mobilmachung mit den Mitteln der Kunst verschrieben hat, eine so zeitgenössische wie persönliche Variation der Repräsentationsplastik geschaffen. Statt des Herrschers auf hohem Ross, schafft er ein wildes Phantasiegefährt, irgendwo zwischen Düsenjet, Spaceshuttle, Boxauto und Motorboot. Beunruhigend oder befreiend: es ist unbemannt! - Die Figur des Humpty Dumpty tritt prominent in Form eines menschlichen Ei's unter anderem in Lewis Carrolls Alice im Wunderland in Erscheinung, wo Humpty Dumpty mit Alice über Semantik, also über die Bedeutung von Zeichen, Wörtern, Phrasen und Symbolen, diskutiert.
Beginnend mit dem Werk von Jonathan Meese, das im Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie zu sehen ist, eröffnet die Nationalgalerie - zeitgleich zur Ausstellungseröffnung "Die Sammlung des Bankiers Wagener. Die Gründung der Nationalgalerie" - eine neue Werkreihe. Alle zwei Jahre lädt sie einen zeitgenössischen Künstler dazu ein, für den historischen Kontext des Kolonnadenhofes ein zeitgenössisches Werk zu schaffen. Diese Interventionen sind nicht lediglich eine Unterbrechung des homogenen Ensembles. Sie sollen auch ins Bewusstsein rufen, dass die heutige Alte Nationalgalerie zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung ein Museum für die damals zeitgenössische Kunst war.