29.04.2005 bis 05.06.2005
Im Mittelpunkt der Arbeiten der iranischen Konzeptkünstlerin Farkhondeh Shahroudi steht die Auseinandersetzung mit Objekten, die der Zerstörung oder der "Verwundung" ausgesetzt werden. Bereits in ihrer Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt beeindruckte Shahroudi mit der Umwicklung der Säulen des Gebäudes mit persischen Teppichen, die sie auf dem Sperrmüll gefunden hatte, und vermittelte ihr Entsetzen über den hiesigen Umgang mit iranischen Nationalwerten.
In ihrer Ausstellung im Museum für Islamische Kunst widmet sich Shahroudi nun kritisch dem Thema Waffen und Panzerhemden. Ein iranisch-türkisches Paar von Rüstungen kontrastiert Shahroudi mit moderner Militärkleidung. Die von ihr geschneiderten Vielfarbenuniformen sind an ihren ursprünglichen Öffnungen zugenäht - die einzig zu sehenden Öffnungen sind schmal und versteckt wie Wunden. Deutlich wird, dass sowohl die historische Abwehruniform mit ihren kunstvoll geschmiedeten Einzelteilen als auch die moderne Zweckuniform höchst anfällig bleiben und im Ernstfall das Leben nur unvollkommen schützen.
Werke der iranischen Künstlerin Farkhondeh Shahroudi
von Claus-Peter Haase
Die Künste in den islamischen Ländern haben sich weiter entwickelt. Es gibt verschiedene Ansichten, was das "Islamische", was die jeweilige Landestradition und was die internationale Kunstszene an dieser Entwicklung ausmachten. Manche Künstler versuchen die Traditionen im langsamen Fortgang der früheren Kalligraphie- und Malereischulen mit oder ohne Anzeichen europäischen Einflusses fortzuführen. Andere folgen, insbesondere seit der Islamischen Revolution in Iran 1978/79, einer intensiveren islamischen Prägung der Künste, sowohl in den traditionellen Stilen als auch in revolutionären, propagandistischen Techniken, wie der Wandmalerei. Wieder andere empfinden die Stärkung der islamischen Dogmen als Gängelung und Einengung der künstlerischen Freiheiten. Einige versuchen, ihre Ideen und Empfindungen in den islamischen Ländern trotz Zensur und gesellschaftlichen Druckes frei auszudrücken, andere haben ihre Heimat verlassen und treten in den internationalen künstlerischen Wettbewerb, zum Teil mit deutlichen Reminiszenzen an die Kultur ihres Landes, zum Teil ganz in die Kunstszene eingebunden.
Farkhondeh Shahroudi lebt seit einigen Jahren in Berlin und feierte Erfolge mit ihren Installationen in verschiedenen Ausstellungen, u.a. in "Entfernte Nähe", Iranische Künstler im Haus der Kulturen der Welt 2004. Ihre Installation im Museum für Islamische Kunst, "Wächter", im Raum mit den historischen iranisch-osmanischen Rüstungen des 15. Jahrhunderts, wird begleitet von Photoarbeiten und einem Video aus ihrem jüngsten Schaffen. Die modernen Militäranzüge der Installation werden international verwendet, so wie die neueste Militärtechnik sich stets schnell über alle Grenzen hinweg verbreitete. Das Zunähen aller Öffnungen der Mehrfarben-Uniformen lässt uns nachdenken, was der Auftrag ihrer Träger ist - wen sollen sie schützen, nach außen und nach innen, und schützen sie die Träger selbst ? Aber darüber hinaus werden viele Ebenen von Fragen eröffnet: warum wird die Gesellschaft eines Landes angegriffen und muss sich zu schützen suchen, welche Werte und Institutionen werden bewacht ? Gibt es Unterschiede zwischen den religiösen und politischen Traditionen, unter einem gleichförmigen Äußeren, oder bedürfen Gruppen in einer Gesellschaft besonderer Kennzeichnung und welch unterschiedliche Bedeutung kann diese hervorrufen ?
Die Aktion des Nähens ist für die Künstlerin von größter Bedeutung. Das Verbinden, Verschließen, Verwehren und die Wehrhaftigkeit des Instruments der Nadel lösen Empfindungen aus, die über die Befriedigung des handwerklichen Entwurfes hinausgehen. Das Bild der "Suzan/Nadel" hat im Persischen deutliche Assoziationen zum "Quälen", was jedermann verständlich ist. Die Photos aus dieser Werkgruppe ebenso wie die aus der anonymen Serie und der Serie "Fußkleider" zeigen Ausschnitte als Andeutungen und bildliche und gedankliche Anregungen. Das Video lässt zudem noch das Thema der Vergeblichkeit des Handelns anklingen. Sowohl das Ausschnitthafte der Bilder wie auch das Auslösen von Empfindungen durch nahezu abstrakte Formen, die Handlungen nur andeuten, sind anscheinend der abendländischen künstlerischen Moderne verpflichtet. Jedoch lernen wir dies Prinzip allmählich auch in der traditionellen islamischen Kunst zu erkennen. Das Konzept und die Idee des Künstlers können beim Betrachter gedankliche und emotionale Assoziationen auslösen, insbesondere, wenn wir die sprachlichen Begriffe hinzuziehen, die uns bei den Bildern, einerlei in welcher Sprache, einfallen.
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