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Gerhard Richter: 18. Oktober 1977 (1988)

12.02.2012 bis 13.05.2012
Alte Nationalgalerie

Der fünfzehnteilige Gemäldezyklus 18. Oktober 1977 ist die bekannteste Werkserie Gerhard Richters. Sie entstand gut zehn Jahre nach den Ereignissen des sogenannten Deutschen Herbstes. Im Oktober 1977 erreichte die durch die terroristischen Aktivitäten der Roten Armee Fraktion (RAF) hervorgerufene Krise der Bundesrepublik Deutschland ihren Höhepunkt. Die Entführung und Befreiung der Lufthansa-Maschine Landshut, die Geiselnahme und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und der Tod der Terroristen Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Jan-Carl Raspe im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim ereigneten sich innerhalb weniger Tage und Wochen.

Gerhard Richter konzentriert sich in seinen Bildern auf die Mitglieder der RAF. Doch ruft er durch die Darstellung der Protagonisten und der zugehörigen Tatorte nicht nur die Ereignisse rund um jenes Datum in Erinnerung. Indem er die der Presse entnommenen Bildvorlagen in düsteren Grautönen wiedergibt und manchmal bis zur Unkenntlichkeit verwischt, zeigt er auch die Lähmung, in der sich die junge Demokratie angesichts ihrer Bedrohung befand.

Der Zyklus wird hier durch das Werk Decke ergänzt. Zunächst war dieses Gemälde eine weitere Darstellung der Zelle Gudrun Ensslins, mit dem am Fensterkreuz erhängten schemenhaften Körper. Doch übermalte der Künstler diese Szenerie schlussendlich mit weißer Farbe. Es ist eine Decke des Vergessens, der Sprachlosigkeit und womöglich der Unaufklärbarkeit dessen, was in besagter Nacht genau geschah.

Im Schinkelsaal der Alten Nationalgalerie tritt der Gemäldezyklus 18. Oktober 1977 nicht nur in den kunsthistorischen Kontext der Historienmalerei. Er ist zudem in jenen Räumlichkeiten zu sehen, die 1876 als Monument der Reichsgründung eröffnet wurden. Als Museum zeitgenössischer Kunst geplant, wurde die Alte Nationalgalerie zum Ort der vaterländischen Erbauungskunst der wilhelminischen Epoche. Entsprechend beherbergt der Schinkelsaal normalerweise Werke der von Patriotismus geprägten deutschen Romantik nach dem Sieg über Napoleon 1815. Es sind Wunschbilder zwischen Erwartung und Enttäuschung, erfüllt von idealer Landschaft, idealer Antike, idealem Mittelalter, also von der Sehnsucht nach goldenen Zeitaltern mit idealer Gesellschaft und idealem Staat. So stellen Gerhard Richters Gemälde zum Deutschen Herbst im Kontext der Alten Nationalgalerie nicht nur die Frage nach dokumentierbarer Historie und nach der Rolle einer Historienmalerei in der heutigen Kunst. Sie thematisieren auch das schwierige Verhältnis zwischen sozialen Utopien und gesellschaftlicher Wirklichkeit.

In der Neuen Nationalgalerie findet derzeit die umfassende Retrospektive Gerhard Richter: Panorama statt.

Eintrittspreis
Bei Vorlage Ihres Tickets für die Ausstellung "Gerhard Richter: Panorama" in der Neuen Nationalgalerie erhalten Sie in der Alten Nationalgalerie den ermäßigten Eintrittspreis in Höhe von 4 Euro.

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